Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls vom 01.11.2022

Wie man trauernden Menschen am besten hilft

Datum:
Di. 1. Nov. 2022
Von:
Ulrich Lühring

Eigentlich hätte ich gedacht, nach über 30 Jahre zu Allerheiligen schon über alle denkbaren Themen gepredigt zu haben. Und dann bin ich gestern Morgen bei der Frühstückslektüre auf ein Thema gestoßen, über das ich tatsächlich noch nie gepredigt habe.

Die Überschrift in der Süddeutschen lautete: „Gebrauchsanleitung über den Umgang mit Trauernden“.

Zunächst regte sich bei mir da mal sofort Widerspruch: Jeder Mensch ist anders. Und jeder Mensch trauert anders. Da kann es so etwas wie eine „allgemeine Gebrauchsanweisung“ doch gar nicht geben.

Und tatsächlich wurde im Zeitungsartikel die reißerische Überschrift sofort relativiert. Jede und jeder trauert anders und das Gefühl nach dem Tod eines geliebten Menschen kann und darf nicht verallgemeinert werden. Aber es gibt schon ein paar Antworten auf die Fragen: Auf was sollte ich achten, wenn ich mit Trauernden umgehe? Wie kann ich wirklich helfen?

Dazu folgende sechs Hinweise.

  1. Hinweis:
    Wichtiger als das, was Sie sagen ist, dass Sie überhaupt da sind

 Die Scheu, einem Menschen gegenüberzustehen, der trauert ist groß. Er ist schon da, der Klos im Hals, wenn ich bei einem Menschen klingle, der trauert.

Was soll ich sagen? Mit welchen Worten kann ich trösten? Was kann ich womöglich falsch machen?

Egal, was Sie falsch machen und welchen Blödsinn Sie sagen können: das Falscheste ist, nicht über den eigenen Schatten zu springen und einen Bogen um Trauernde machen.

Wichtiger als alles, was Sie sagen ist, einfach da zu sein.

 

Als blutjunger Kaplan wurde ich zu einem schlimmen Trauerfall gerufen – ein junger Familienvater mit zwei kleinen Kindern war gestorben. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Irgendwann saß ich einfach nur da und habe mitgeheult.

Beim Nachhause gehen habe ich gedacht: Du warst ja keine große Hilfe.

Ein paar Tage nach der Beerdigung sprach mich die Ehefrau an: „Was Sie an dem Abend gesagt haben, Herr Kaplan, hat mir am meisten geholfen“.

Ich hatte aber nichts gesagt, nur zugehört und mitgeweint.

 

Ja, wir dürfen unsicher, ängstlich, hilflos sein im Umgang mit einem trauernden Menschen.

Es kann gut sein, diese Unsicherheit und Angst auch zuzugeben, auch auszusprechen.

Aber das Wichtigste ist, sie auszuhalten, gemeinsam mit dem Menschen, der trauert.

 

 

  1. Hinweis
    Die wichtigste Frage am Beginn des Gespräches lautet: Willst DU darüber reden?

 Die Psychologie sagt dazu: Den „Elefanten“ ansprechen, der mitten im Raum steht.

Dieser Todesfall und die Trauer stehen nun mal im Raum, unübersehbar wie ein Elefant. Und vielleicht ist das auch der Grund, warum ich da bin. Aber ob es dem trauernden Menschen jetzt gut tut darüber zu reden und mit mir darüber zu reden, kann ich nicht entscheiden.

 

Vielleicht tut des dem trauernden Menschen gerade überhaupt nicht gut, darüber zu sprechen. Vielleicht nicht jetzt, vielleicht auch nicht mit mir oder an diesem Ort.

Ich erlebe es jedenfalls oft, dass es Trauernden guttut, auch über vollkommen Belangloses, Alltägliches zu reden und nicht immer nur um dieses Thema zu kreisen.

 

Und daher lautet die wirklich wichtigste Frage am Beginn: Wie geht es Dir? Und: Willst Du darüber reden?

 

 

  1. Hinweis:
    Verzichten Sie auf alle klugen und frommen Sprüche

 

Sie kennen Sie alle, die klugen und frommen Sprüche, die so naheliegen, wenn wir uns fragen: Was soll ich Trauernden sagen?

  • Das wird schon wieder.
    Nach Regen kommt Sonnenschein.

  • Du bist stärker als du denkst.
    Du wirst daran wachsen.

  • Wir müssen das dem Herrgott überlassen.
    Alles geschieht aus einem Grund.

Wenn Sie mit einem trauernden Menschen umgehen, beißen Sie sich lieber auf die Zunge, als diese Sprüche loszulassen.

 

Denn die Psychologie sagt: Hinter diesen gutgemeinten Sprüchen steckt unausgesprochen die Botschaft: „Also hör (endlich) auf, dich so schlecht zu fühlen.“

Es geht dann letztlich darum, dass die tröstende Person wünscht, dass die Unsicherheit, die sie selbst in Gegenwart eines Trauernden spürt – und der Schmerz des Trauernden verschwindet.
Aber Trauer braucht ihre Zeit. Jeder Trauernde braucht seine ganz eigene Zeit. Und da geht es erst einmal um den Schmerz, die Trauer - und nicht darum, wie diese möglichst schnell vorbei geht.

Und darum lautet der nächste Hinweis:

 

 

 

  1. Hinweis:
    Der größte Trost ist dieser Satz: Was du gerade erlebst ist wirklich schlimm.

 

Die Psychologie sagt: Das Allerwichtigste im Umgang mit trauernden Menschen ist, den Zustand der Trauer anzunehmen, ohne ihn heilen oder auch nur verändern zu wollen. Den Schmerz einfach wahrnehmen. Darin liegt ein gewaltiger Trost.

Die Trauer einfach wahrnehmen und so stehen lassen – ohne Wenn und Aber.

 

Meine Aufgabe ist nicht, die Trauer zu nehmen. Es ist völlig okay, mal nicht okay zu sein. Wann soll das gelten, wenn nicht dann, wenn ein geliebter Mensch nicht mehr da ist.

 

Wobei der Satz eben nicht lautet: „Ich weiß, was du jetzt durchmachst.“

Nein, Sie wissen es nicht, auch wenn Sie selbst schon getrauert haben. Weil jeder Mensch anders trauert und anders empfindet.

 

Der Satz lautet: Ich sehe, was Du gerade mitmachst. Und das ist wirklich schlimm.

 

 

  1. Hinweis:
    Nenn ihre Namen

 

Viele Menschen vermeiden ganz unwillkürlich, den Namen des Gestorbenen in den Mund zu nehmen. Weil sie Angst haben, etwas anzurühren und auszulösen.

Es wird völlig unterschätzt, wie gut es tut, über die Menschen zu sprechen, die gestorben sind, die wir vermissen.

 

Deswegen lautet dieser 5. Hinweis: Wenn Sie den Menschen kannten, um den da getrauert wird, erzählen Sie bitte unbedingt Geschichten von ihm.

Und dabei lautet ein wichtiger Grundsatz der Trauer: Alle Gefühlen zählen – Traurigkeit und Tränen sind nicht die einzig möglichen Gefühlsäußerungen nach dem Tod eines Menschen.

Man darf durchaus auch lustige Geschichten erzählen. An Situationen erinnern, die vollkommen verrückt waren. An Eigenheiten, an Lieblingslieder.

Trauernde dürfen auch lachen und fröhlich sein, wütend und zornig sein über den Verstorbenen. Auch das gehört dazu.

 

 

  1. Hinweis:
    Auch Umarmungen per Kurznachricht sind schwer in Ordnung

 

Und was, wenn man es selbst wirklich nicht aushält, über Tod und Trauer zu sprechen?

Eine Trauernde erinnert sich an eine Freundin, die ihr während der Zeit der Trauer beständig kleine Botschaften schickte, nur ein paar Worte:
„Ich denke an dich. Ich hoffe, dass du irgendwie durch diese Zeit kommst.“

Solche kleinen Botschaften können wie Umarmungen sein. Wenn es eben nicht um kluge Sprüche geht, sondern um die Botschaft: Ich möchte dir zu Seite stehen.

 

Auch wenn es keine „Gebrauchsanleitung zum Umgang mit Trauernden gibt“, es gibt schon ein paar Ratschläge und Empfehlungen, die helfen können, mit Trauernden gut umzugehen.

Sehr nachdenklich gemacht hat mich dann der letzte Satz dieses Zeitungsartikels:

Auch Menschen, die gerade nicht trauern, werden es eines Tages tun.
Wir werden alle trauern, denn wir alle lieben.

 

 Link zum im Text veröffentlichten Zeitungsartikel:

https://sz-magazin.sueddeutsche.de/leben-und-gesellschaft/trauer-hilfe-angehoerige-leitfaden-anleitung-91988#:~:text=Mit%20welchen%20Worten%20tr%C3%B6stet%20man,entwickelt%2C%20der%20beide%20Seiten%20st%C3%A4rkt.

Buchtipp:

Susann Brückner und Caroline Kraft - endlich. Über Trauer reden
(Goldmann Verlag - 17,00 €)

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Trost ist

Trost ist
ein gesprochenes Wort
und ein stilles Schweigen,
eine zarte Umarmung
und eine gehaltene Hand.

Trost ist
ein leises Lied
und gute Gedanken,
eine warme Berührung
und ein mitfühlendes Herz.

Trost ist
ein Stück gemeinsamer Weg
und ein freundlicher Mensch,
ein aufmerksamer Zuhörer
und ein Gespräch mit Gott.

Frank Greubel
aus: In dieser Zeit. Gebete, Texte und Meditationen zu Festen und Lebenswenden von Frank Greubel. Katholische Landvolkbewegung Würzburg.
www.klb-wuerzburg.de

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Einen besinnlichen Feiertag und ein "gutes Händchen" im Umgang mit Trauernden wünscht Ihnen

Ihr
Ulrich Lühring