© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
Predigt zum 4. Ostersonntag (LJ C) - 2022
Stellen Sie sich folgende Szene vor:
„Um Gottes Willen“, ruft eine Frau.
„Sind denn die Eltern nirgendwo?“
„Doch“, sagt eine Frau am Straßenrand seelenruhig. „Ich bin die Mutter. Ich hab ihm ja gesagt, dass das gefährlich ist. Aber er wollte ja nicht hören.“
Das gibt es ja nicht – denken Sie? Sowas macht eine Mutter nicht! – Und Sie haben natürlich recht.
Kein Vater und keine Mutter würde es fertigbringen, einfach nur zuzuschauen, wie sich ihr Kind in Gefahr bringt.
Es gibt Situationen, da reicht argumentieren und gut zureden nicht aus, da muss man gut zupacken und festhalten, damit ein Unglück verhindert wird.
Das Kind mag das durchaus anders sehen: Für das Kind mag die Hand der Eltern, die es ganz fest hält, nicht nur lästig, sondern einengend sein. Etwas, von dem es sich am liebsten losreißen würde, um frei und ungehindert zu sein.
Was das Kind angeht, da wissen wir, dass es jetzt noch nicht begreifen kann, um was es geht. Vielleicht wird es später einmal einsehen, dass alles andere schlecht gewesen wäre.
Was das Kind angeht, da wissen wir das. Was aber, wenn es um uns geht?
Ich denke da ganz konkret an das heutige Evangelium: Da geht es um das Bild vom Hirten und den Schafen.
Und die Schafe – das sind wir.
Kein sehr schmeichelhaftes Bild.
Schafe wissen nicht, wo es lang geht. Sie müssen gelenkt werden. Oder sie werden vom Hirtenhund ordentlich gezwickt, damit sie nicht aus der Spur laufen.
Da merke ich, wie sich bei mir Protest meldet.
Ich bin doch schließlich ein freier Mensch.
Und dann fällt mir wieder die Geschichte vom Anfang ein: Das Kind an der Hand der Mutter, das sich mit aller Gewalt losreißen will – und bei dem man nur froh sein kann, wenn die Mutter es wirklich ganz fest hält.
Nehmen wir doch dieses Evangelium, in dem wir die Schafe sind als das, was es eigentlich sein will: ein Versprechen.
Die großartige Botschaft, dass ich eben nicht für alles und jedes selbst sorgen muss, dass ich nicht alles machen muss. Und dass ich eben auch nicht alles verstehen muss im Leben.
Dass ich aber sicher sein darf, von diesem Hirten an die Hand genommen zu werden, dass ich an SEINER Hand ans Ziel komme.
Das ist der Gott, an den wir als Christen glauben dürfen:
Manchmal ist es gar nicht so schlecht, ein Schaf zu sein – wenn der Hirte wirklich gut ist.
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Mein guter Hirte
Fängt mich auf, wenn ich strauchle.
Sucht mich, wenn ich verloren gehe.
Hält mich, wenn ich traurig bin.
Tröstet mich, wenn ich weine.
Umarmt mich, wenn ich leide.
Trägt mich, wenn ich müde bin.
Lässt mich, wenn ich mich irre.
Ruft mich, wenn ich nicht höre.
Wärmt mich, wenn ich friere.
Lacht mich an, wenn ich nichts erwarte.
Holt mich, wenn ich mich verlaufe.
Mein guter Hirte ist da.
Theresia Bongarth, In: Pfarrbriefservice.de
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Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen
Ihr
Pastor Ulrich Lühring