Geistlicher Impuls vom 16.01.2022

Warum unser Leben gerade einem Wurm-Witz ähnelt

Ich möchte Ihnen einen Witz erzählen: Ein Biologiestudent hat sich auf das mündliche Examen vorbereitet. ihm war zu Ohren gekommen, dass es um Regenwürmer gehen werde. Also hat er alles über Regenwürmer gelernt. Jetzt sitzt er vor dem Professor - und der fragt: "Was wissen Sie über Elefanten?" - Der Student antwortet: "Der Elefant ist ein sehr großes Tier. Er hat hinten einen kleinen Schwanz und vorne einen großen Rüssel. Der Rüssel ähnelt in seiner Form einem Wurm. Zur Familie der Würmer gehört auch der Regenwurm. Der Regenwurm..."

Warum erzähle ich Ihnen heute diesen Witz? Ich finde unser Leben erinnert gerade an den Prüfling in diesem Witz. Worüber auch immer man redet, man landet stets beim selben Thema. Bloß, dass es nicht mal witzig ist. Sondern leider sehr ernst.

Man redet über Fußball und die bevorstehenden Spiele. Ein harmloses "Männergespräch" (das ist jetzt nicht gendergerecht, ich weiß). Aber in diesen Tagen geht es doch sofort darum, dass bei Mannschaft A gleich vier Spieler auf einmal ausfallen und (ja, richtig) dann ist man auch gleich nicht mehr beim Fussball, sondern...

Man geht zum Friseur, mit dem man früher entweder über den nächsten Urlaub oder über das Wetter geredet hat. Doch weil beide Masken tragen, geht es auch hier schnell wieder über das eine Thema...

Ist ja logisch, dass man über nichts anderes mehr reden kann in unserer Lage als über Inzidenzen, Impfstoffe, Intensivbetten. Aber wird das mal aufhören? Worüber haben wir denn früher gesprochen? Worüber werden wir eines Tages sprechen? Wird dieser Tag je kommen? Können wir noch über etwas anderes reden?

Ich habe damit begonnen, mir "coronafreie Zeiten" zuzulegen. Wenn es im Fernsehen mal wieder um das eine Thema geht, schalte ich ab. Und die Seiten in der Zeitung über "das eine Thema" überschlage ich. Und soll ich Ihnen 'was sagen? Ich vermisse nichts, im Gegenteil. Die paar Informationen, was im Moment gerade für welche Regeln gelten, bekomme ich auch so noch mit.

Probieren Sie es doch mal aus - und machen Sie heute einen "coronafreien Sonntag".

Und da der Trend zum Zweitwitz geht (und - nach einer ganz persönlichen "Meinungsumfrage" - die Witzseite in der Kirchenzeitung die meistgelesene ist) hier noch ein Witz zum Schluss:

Ein Tscheche kommt zum Augenarzt. Der hält ihm eine Buchstabentafel vor, auf der steht:
C X W Z J Q Y S T A C Z. Der Arzt fragt "Können Sie das lesen?" - "Na klar", antwortet der Tscheche. "Ich kenne den Mann sogar!"

Einen "coronafreien Sonntag" wünscht Ihnen
Ihr
Pastor Ulrich Lühring

Idee zum Text von: Axel Hacke
(Süddeutsche Zeitung Magazin)