Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls vom 17.04.2022

Unsere Lebenserwartung

beaver-g96640ab5d_1920 (c) Steve Raubenstine (www.pixabay.de)
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Datum:
Sa. 16. Apr. 2022
Von:
Ulrich Lühring

Die Lebenserwartung in Deutschland sinkt dramatisch. Ja, Sie haben richtig gelesen. Und – egal was das Statistische Bundesamt dazu sagt – ich kann diese Behauptung auch belegen.

Um das Jahr 1870 lebte der durchschnittliche Deutsche (grob gerechnet) 37 Jahre. Aktuell sind es (grob) 80 Jahre. Aber widerlegt das denn nicht meine These? Nein, denn ich habe von der Lebenserwartung gesprochen.

Ja, die Menschen werden älter. Aber die Lebenserwartung sank gleichzeitig dramatisch. Denn 1870 war die durchschnittliche Lebenserwartung 37 plus ewig. Und genau dieses „plus ewig“ ist heute gestrichen, spielt keine Rolle mehr.

 

Wir leben heute, so scheint es mir jedenfalls, in einer rein endlichen, irdischen und letztlich auf uns selbst zu-rückgeworfenen Perspektive des Lebens und Sterbens.
Wenn es so etwas wie „Sinn“ in dieser Welt gibt, müssen wir ihn in dem suchen, was wir aus uns selbst produzieren können.
Wenn es Gott nicht mehr gibt, dann bleibt uns nur der Rückzug auf uns selbst und auf unser Leben.
Und wenn das Leben vorbei ist, ist es eben vorbei.

Unsere Lebensspanne im Hier und Jetzt ist zur „letzten Gelegenheit“ geworden, aus der man möglichst schnell möglichst viel herausholen muss.

Aber wenn der lange Atem der Ewigkeit ausgeht, werden wir kurzatmig. Alles jetzt! Tempo, Tempo – die Uhr tickt.

 

Ostern spricht eine ganz andere Sprache.

Christen verdrängen den Tod nicht, wie es heute wohl die Meisten tun. Wir zeigen das Kreuz öffentlich vor.
Über Jesu Grab ist kein Gras gewachsen. Dieser Jesus hat das Leben mit allen Höhen und Tiefen durchlebt und durchlitten.
Aber am Ende steht eben nicht der Tod, sondern neues Leben, ewiges Leben.

„Alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit“, dichtete Friedrich Nietzsche.

Das Verlangen nach Lust steckt in uns Menschen drin. Es lässt sich von keinem Puritaner oder Asketen austreiben.
Die Lust am Essen und Trinken. An der Musik, der Kunst, der Schönheit – an der Liebe, am Leben.
Ein Sonnenaufgang, ein Moment des Genusses, ein Blic eine Umarmung – Momente, in denen wir ahnen: Das ist es, das ist das Leben.
Geschenke des Himmels. Sie bringen uns auf den Geschmack des Lebens und weiten die Sehnsucht. Aber man kann sie nicht festhalten. Etwas leuchtet auf – und schon ist es wieder weg.

Wir spüren – frei nach Wolf Biermann: „Das kann doch nicht alles gewesen sein. Da muss doch noch irgendwas kommen.“

Manchmal merke ich, wie meine kleine Welt an den eigenen vier Wänden endet. Und ich zufrieden bin, wenn es dort so läuft, wie es halt läuft. Aber ist das alles?

Ostern spricht eine andere Sprache. Ostern spricht von größerer Hoffnung und unendlicher Erwartung. Ewiges Leben heißt nicht, dass es endlos so weitergeht wie jetzt.

 

Wenn wir Christen Ostern feiern, verachten wir nicht das Leben – das Hier und Jetzt. Ganz im Gegenteil. Aber wir lassen uns damit sozusagen nicht abspeisen. Unsere Sehnsucht, unsere Lust auf Leben greift weiter.

Ostern heißt: Unsere Lebenserwartung geht weiter. Nicht weil wir das Leben hier und jetzt nicht schätzen.
 Im Gegenteil: Weil wir es achten und lieben. Aber eben als Vorgeschmack auf Mehr.
Das eigentliche Leben fängt da an, wo wir hier und jetzt nur das Ende vermuten.

Sollten Ihnen diese Gedanken viel zu philosophisch sein, vielleicht gefällt Ihnen dann die folgende Geschichte frei nach Michael Ende:

 

Am Grunde eines Teichs im Sumpf,

zwischen Algen und Wassergrün,

da saß vor seinem Haus ein Mumpf

und mumpfte vor sich hin.

 

Eine Mümpf, die ihres Weges kroch,

blieb atemlos bei ihm stehn

und keuchte:

„Ach, Mumpf, so denk Dir doch,

ich habe einen Menschen gesehen!

Einen richtigen Menschen
mit Arm und Bein

und einem schönen Gesicht!“

 

Da knurrte der Mumpf: „Lass die Kindereien!

Denn Menschen gibt es doch nicht.

`s ist längst bewiesen, dass außer dem Teich

ein Leben nicht möglich wär.

Und Menschen sind - entschuldige nur gleich! –

doch bloß eine Kindermär.

Drum wende dich lieber der Wirklichkeit zu:

Unserm, nahrhaften Schlick und Schleim.

Und vor allem sag mir, wie findest du

Mein neues, prächtiges Heim?“

Da lachte die Mümpf ihn einfach aus:

„Ach, Mumpf,
lass Dein dummes Geschniefel!

Worin Du da wohnst,

dein neues Haus

Ist ein alter Kinderstiefel!“

 

Manche sagen nach diesem Gedicht:

„Ach was, einen Mumpf –
den gibt es doch nicht!“

 

Ohne Ostern ist der Mensch auch nur ein Mumpf.

 

Ich wünsche Ihnen von Herzen frohe Ostern,

Ihr
Pastor Ulrich Lühring