Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls - Gründonnerstag 2023

Die Glocken fliegen nach Rom

Glocke_1 (c) Ulrich Lühring
Glocke_1
Datum:
Do. 6. Apr. 2023
Von:
Ulrich Lühring

Heute Abend ist es wieder einmal so weit: die Glocken fliegen nach Rom!

Kennen Sie auch dieses Märchen von den Kirchenglocken, die vor Ostern alle nach Rom fliegen?
Als Kinder bekamen wir auf die durchaus berechtigte Frage „Und warum?“ so „sinnvolle“ Antworten wie:

  • Die Glocken werden vor Ostern frisch geputzt.
  • Die werden vom Papst gesegnet, damit sie Ostern besonders schön klingen.

Tatsache ist: Vom Abendmahlsgottesdienst bis zur Osternacht schweigen in der katholischen Kirche die Glocken – als Zeichen der Trauer angesichts des Leidensweges Jesu, der in der Nacht des Gründonnerstags beginnt, und seines Todes am Karfreitag.

 

Es werden allerdings nicht viele Menschen sein, die dieses Schweigen der Glocken bemerken – und noch weniger werden es wirklich vermissen.
Diejenigen, die sich über das „ständige Gebimmel“ beschweren werden tatsächlich immer mehr.
„Vor dem Gottesdienst lasse ich mir das ja noch gefallen – aber muss das denn morgens früh um 7 Uhr sein?“

Früher, als viele Menschen noch keine Armbanduhr besaßen, da hatte das Läuten noch seinen Sinn:
7.00 Uhr Aufstehen – 12.00 Uhr Mittagessen – 18.00 Uhr Feierabend.
Manche von Ihnen erinnern sich wohl noch an die Mahnung: Wenn die Abendglocke läutet ist Schluss mit Spielen, dann kommst du nach Hause.

Kaum noch jemand weiß wohl heutzutage, dass das Morgen-, Mittag- und Abendläuten einen Namen hat: Angelus-Läuten.
Das kam von dem Gebet, das mit dem Läuten verbunden werden sollte:
„Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft…“
Angelus – der Engel

 

Ich mache Ihnen hier und heute ein ehrliches Geständnis: Ich konnte mit diesem Gebet noch nie besonders viel anfangen.
OK, wir erinnern uns an den eigentlichen Beginn der Menschwerdung Jesu, ein wichtiges Ereignis.
Aber dreimal am Tag – und immer das gleiche Gebet?

Vor einiger Zeit habe ich irgendwo folgende Anregung aufgegriffen:

Wenn ich eine Kirchenglocke läuten höre, ist das für mich eine Einladung zum Gebet.
Und dann denke ich mal kurz, mal länger, aber besonders intensiv an Menschen, die mir wichtig und nahe sind. Und an Menschen, denen ich mein Gebet versprochen habe.

 

„Können Sie für mich beten?“- es kommt gar nicht so selten vor, dass Menschen mich bitten für sie zu beten. Und natürlich lautet meine Antwort: „Ja, das mache ich gern.“

 

Aber manchmal stelle ich mir (auch als Pastor) durchaus die Frage: Welchen Sinn hat das?

Beten, das heißt für mich vor allem, ganz bewusst mit Gott in Kontakt zu sein. Von ihm berührt zu werden.
Es ist kein wirklicher Dialog, denn ich höre Gott nicht so, wie ich einen anderen Menschen hören kann. Er gibt mir keine Antworten, wie eine Freundin sie mir am Telefon geben könnte.
Aber wenn ich bete, kann ich etwas von der Beziehung zwischen ihm und mir spüren. Und das kann mir Kraft geben oder mich trösten.

Heute am Gründonnerstag erinnern wir uns auch daran, dass Jesus nach dem Abendmahl mit seinen Jüngern in den Garten Getsemani geht. Jesus hat Angst und spürt, dass ihm Schlimmes bevorsteht.
Umso wichtiger ist es ihm zu beten.
Denn gerade jetzt braucht er Gott, und das Gebet verändert ihn.
Und die Angst, die er hat, wandelt sich ein Stück, und er kann das annehmen, was ihn erwartet.

Aber, wenn das Beten ist, müsste dann nicht jeder Mensch selbst beten, um diese
Beziehung zu Gott und diese Kraft zu erfahren?
Welchen Sinn soll es dann haben, dass ich für jemand bete?

Und da mache ich Ihnen gleich noch ein Geständnis:
Nein, ich glaube nicht, dass Gott mich braucht, um zu wissen, dass jemand seine Hilfe benötigt. Das wäre ein ziemlich mickriger Gott, den ich daran erinnern müsste.

Und nein, ich glaube auch nicht, dass mein Gebet oder das Gebet des Bischofs oder das Gebet des Papstes mehr Wert ist als Ihr Gebet.

Um was geht es denn dann, wenn ich für jemand bete?

 

In dieser Anregung, von der ich vorhin gesprochen habe, heißt es weiter:

Ich denke an Menschen, denen ich mein Gebet versprochen habe. Und ich schicke ihnen ganz bewusst Kraft und positive Energie.

 Ich bin kein Esoteriker. Ich halte nichts von Geistheilern, Lichtnahrung und übersinnlichen Kräften.
Aber mit diesem Bild kann ich ganz viel anfangen: Ich schicke in meinem Gebet einem anderen Menschen Kraft und positive Energie.
Ich wünsche ihm oder ihr, Selbstvertrauen zu finden, ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Und, ja auch das kann ich mir vorstellen, er oder sie spürt etwas von dieser Verbundenheit, von der positiven Energie.

Ganz besonders, wenn ich es ihm oder ihr gesagt habe: Ich bete für Dich.

 

Ich erinnere mich an die erste Zeit des Lockdowns, als noch niemand wusste, was da wirklich auf uns zukam.
Die wichtigste Zeit am ganzen Tag war für mich, wenn abends die Glocken läuteten, wenn wir die Kerze anmachten und beteten. Und wir wussten, die Freunde haben auch die Kerzen an und beten mit uns.

 

Und es gibt noch einen zweiten Aspekt, der mir wichtig ist:
Mein Gebet für jemand macht auch etwas mit mir.

„Vater, nicht mein Wille geschehe, sondern der Deine“ – betet Jesus in der Nacht des Gründonnerstags.

Ich mache mir Sorgen um jemand. Und im Gebet lege ich diesen Menschen in Gottes Hand.
Und ich spüre, wie mich das verändert.

 

In den nächsten Tagen werden die Glocken nicht läuten. Aber wenn Sie ab Ostern die Glocken wieder hören, nehmen Sie ihr Läuten als Einladung:

  • Ich denke an Menschen, die mir wichtig sind.
  • Ich bete für Menschen, denen ich mein Gebet versprochen habe.
  • Ich schicke ihnen ganz bewusst Kraft und positive Energie.
  • Und ich lege sie in Gottes Hand.

Ich bin überzeugt: das wirkt.

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Ich wünsche Ihnen gesegnete Kar- und Ostertage,
Ihr

Ulrich Lühring