Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig

Geistlicher Impuls vom 04.07.2021

Schubladendenken

cabinet-2755812_1920 (c) Alexas Fotos (www.pixabay.de)
cabinet-2755812_1920
Datum:
Sa. 3. Juli 2021
Von:
Ulrich Lühring

Ich kenne dich, du brauchst mir überhaupt nichts zu erzählen

Mit solchen Sätzen fangen Gespräche an, die eigentlich schon zu Ende sind, noch ehe sie begonnen haben.

Nichts ist tödlicher für ein Gespräch, als die feste Überzeugung, dass mein Gegenüber mir sowieso nichts Neues mitzuteilen hat. Da ist dann eigentlich jedes weitere Wort überflüssig.

Wenn ich von vorneherein weiß, was der oder die andere jetzt sagen will, dann ist es im Grunde ja völlig unnötig, überhaupt noch miteinander zu reden.

Ich kenne ihn ja!
Die braucht mir überhaupt nichts zu erzählen.

 

Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich meine Umgebung und vor allem die Menschen darin in Schubladen einsortiere: Der ist schon immer so unsympathisch gewesen. Mit der konnte ich noch nie etwas anfangen. Die hat sowieso noch nie etwas Gescheites zu Wege gebracht.

Ich mache mir ein genaues Bild vom anderen. Die Psychologie sagt, das geschieht sogar in Bruchteilen von Sekunden. Wir können gar nicht anders, als Menschen einzuschätzen – und in bestimmte Schubladen einzuordnen.

Es wird nur dann gefährlich, wenn ich die Schubladen sozusagen schließe und zumache. Ich brauche mir dann keine Gedanken mehr zu machen. Ich brauche nicht einmal mehr hinzuhören, was die anderen jetzt sagen oder wollen. Ich weiß es doch schon. Ich kenne sie ja.

Aber wehe dem, der vielleicht anders sein will, ausbrechen will aus diesen Schubladen. Er kommt da nicht mehr raus, er bleibt in der Rolle gefangen, auf die ich ihn festgelegt habe.

 

Jesus hat das am eigenen Leib erfahren. Als er nach einiger Zeit wieder nach Hause kam, bekam er genau solche Sätze zu hören: „Was will denn der? Das ist doch der Sohn des Zimmermanns. Den kennen wir doch!“

Offensichtlich ist das eine Gefahr, in der wir Menschen ganz schnell stecken: Wir können gar nicht anders als andere einzuschätzen und einzusortieren. Wir stecken andere in Schubladen.

Das ging Jesus in Nazareth so – und es geschieht heute überall, wo Menschen zusammenleben: in jedem Verein, in jeder Stadt und wahrscheinlich auch in Partnerschaft und Ehe.

 

Das Gefühl, genau zu wissen wer der andere ist und wie die andere ist, begegnet überall. Und es erschwert Menschen überall, sich zu verändern und anders zu werden.

Aber ist nicht genau das Leben: Leben ist Entfaltung, ist Bewegung, ist Veränderung und Wachstum. Natur verändert sich, ist jeden Tag anders, ist morgen schon eine andere als die, die ich gestern kennengelernt habe.

Natur am Ändern zu hindern, ihr Wachstum zu beschneiden, das hieße: sie töten.

Und genauso geschieht es, wenn Menschen daran gehindert werden, sich zu entwickeln und zu entfalten.

Im Evangelium wird es so formuliert: Er konnte dort keine Machttat tun. Das Wunder, das möglich gewesen wäre, fiel aus.

 

Das heutige Evangelium ist für mich eine große Erinnerung daran, den anderen als das zu nehmen, was er wirklich ist: Als einen Menschen, der sich ändert, der sich entwickelt und entfaltet – und der daher nie festgelegt sein darf auf ein fertiges Raster und eine von mir erstellte Schublade.

Das macht Leben sicher nicht einfacher. Das macht es mit Sicherheit anstrengender. Aber es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, dass in unserem Alltag Wunder passieren, denn Leben ist Veränderung und Bewegung.

Ich kenne dich – diesen Satz müssten wir als Christen eigentlich aus unserem Repertoire streichen.

Quelle: www.joerg-sieger.de

==========================================================================

Menschen in Kartons

 

Gott,
lass mir doch
meine Bilder, Ordnungen und Schubladen,
damit ich mich zurecht finde in dieser Welt.

Lass mir doch
all die Äußerlichkeiten
mit denen ich andere bewerte,
weil sie mir echte Begegnung ersparen.

So sind sie doch
alle, die Menschen.
Warum sollte ich anders sein?

Und doch
nimm mir
meine Vorurteile, Festlegungen und meinen Spott,
damit ich mich von mir und meinen Mitmenschen
wieder überraschen lasse.

Denn du, Gott, bist da.

aus:

Hedi Porsch/Monika Schraut/Johannes Simon: Du – Ich bin da. Sinnzeit-Gebete für Zweifler, Ungläubige und andere gute Christen

www.gebetshefte.de, www.pfarrbriefservice.de

======================================================================

Herzliche Grüße und einen schönen Sonntag (vielleicht sogar mit Überraschungen),

Ihr
Pastor Ulrich Lühring