Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls vom 25.04.2021

Halt ohne festzuhalten

Schmetterling (c) M.W. (www.pixabay.de)
Schmetterling
Datum:
Sa. 24. Apr. 2021
Von:
Ulrich Lühring

Ich danke Dir, dass Du mich NICHT beschützt,
dass Du NICHT bei mir bist, wenn ich Dich brauche -
und NICHT mein Stab und Stecken bist, der mich stützt.

So beginnt ein zeitgenössisches Gedicht von Ulla Hahn.

Ich kenne die Autorin nicht und ich weiß nichts über den Hintergrund, vor dem diese Sätze geschrieben sind. Geht es um eine persönliche Enttäuschung? Oder um einen Schicksalsschlag?

„Ich danke dir, dass Du mich nicht beschützt!“
Ist das etwa ernst gemeint oder bittere Ironie?

Im Gedicht wird Gott nicht ausdrücklich angesprochen, aber die verwendeten Bilder und Formulierungen kennen wir natürlich aus der Bibel:

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen.
Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil, denn Du bist bei mir.
Dein Stock und Dein Stab geben mir Zuversicht.
(Psalm 23)

Ich denke, wir kennen alle den Wunsch, der in diesen Worten steckt: dass da jemand ist, der in den ausweglosen Situationen meines Lebens Auswege weiß; der Quellen von Kraft und Hoffnung für mich hat; der mich nicht verlässt wenn es hart auf hart kommt; der mich beschützt gegen alles, was mich bedroht.

Umso mehr verstört uns das Gedicht von Ulla Hahn: „Ich danke Dir, dass Du mich NICHT beschützt.“

Und sie fährt fort:

Ich danke Dir für jeden Fußtritt, der mich vorwärts bringt zu mir,
auf meinen Weg.
Ich muss alleine gehen.

 

Die Dichterin erinnert sich an die Fußtritte, die sie in ihrem Leben empfangen hat – und sie dankt gerade für diese Fußtritte. Nicht, weil sie nicht weh getan hätten, sondern, weil sie ihr weitergeholfen haben auf dem Weg in ihr eigenes Leben. Wofür die Dichterin also letztlich dankt, das ist ihre Selbständigkeit.

 

Das Gedicht will ganz sicher provozieren. Aber es erinnert mich an Erfahrungen, die ich auch kenne: Menschen können mich mit ihrer noch so gut gemeinten Sorge auch einengen, mir den Raum zur eigenen Entfaltung nehmen. Ja, es gab solche Situationen, in denen ich auf mich allein gestellt war, die ich überstehen musste und die sehr weh getan haben, wie Fußtritte. Aber im Nachhinein können sie für mich auch zu einer Erfahrung von innerer Stärke und Selbständigkeit werden.

 

Und: Bei aller freundschaftlichen oder familiären Hilfe gibt es einen Punkt, wo man einem Menschen die Verantwortung für sein Leben nicht abnehmen kann und darf. Das ist ein ganz wichtiger Hinweis für alle Eltern im Umgang mit ihren Kindern. „Ich muss alleine gehen“, heißt es in dem Gedicht.

 

Aber was hat das alles mit Gott und mit dem heutigen Evangelium zu tun?

Im Bild des „Guten Hirten“ entfaltet die Bibel ein Bild von Gott, der sich um unser Leben sorgt. Das Gedicht von Ulla Hahn rückt dieses Bild auch deutlich zurecht: Gottes Sorge um uns ist keine erdrückende Fürsorglichkeit. Wir sind keine Marionetten im Heilsplan Gottes, sondern Menschen, die selbständig ihren eigenen Lebensweg gehen (und gehen müssen).

 

Das Gedicht wirft damit für mich Fragen auf:

  • Welches Bild habe ich von Gott?
  • Was heißt für mich „Gott ist mein Hirte“?

 

Ich danke Dir, dass Du mich NICHT beschützt,
dass Du NICHT bei mir bist, wenn ich Dich brauche.
Ich danke Dir für jeden Fußtritt, der mich vorwärts bringt zu mir,
auf meinen Weg.

Ich muss alleine gehen.

Auch wenn ich das Gedicht nicht wirklich (sozusagen als mein „Gebet“) mitsprechen kann. Es macht mir doch klar: Gott gibt mir Halt – ohne mich festzuhalten. Wir haben in IHM alle Sicherheit und alle Freiheit.

Und: ER lässt mich meinen Weg gehen.

 

Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen aus der GdG Stolberg-Süd

Ihr
Pastor Ulrich Lühring