Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zu Pfingsten 2025

Vielfalt statt Einfalt

808008_insektenparadies_sternschnuppe1_pixelio (c) Sternschnuppe1 (www.pixelio.de)
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Datum:
Sa. 7. Juni 2025
Von:
Ulrich Lühring

Die Pfingstlesung aus der  Apostelgeschichte (Apg 2,1-11) wird in Pastörenkreisen manchmal scherzhaft die „Lektorenprüfung“ genannt. Diese fremden Ländernamen auf die Reihe zu bekommen, ist wirklich nicht einfach: Kappadozien, Phrygien und Pamphylien…

Kein Wunder, dass mich in meiner ersten Gemeinde eine ältere Lektorin fragte: „Können wir die ganzen Namen nicht einfach weglassen? Die kennt doch sowieso niemand!“
Nein, wir können sie nicht weglassen.
Denn damit würden wir einen ganz zentralen Inhalt von Pfingsten streichen – und einen ganz zentrale Eigenschaft von Kirche.

Die Pfingstlesung zeigt uns die Kirche in ihrer Geburtsstunde. Und sie betont: Vom ersten Augenblick an gehören Menschen aus ganz verschiedenen Völkern, aus verschiedenen Kulturen mit verschiedenen Sprachen zur Kirche.
Das ist nicht selbstverständlich.
Es wäre doch viel „normaler“ und „organischer“ gewesen, wenn sich die Kirche im Laufe der Zeit von Stadt zu Stadt und von Land zu Land ausgebreitet hätte.

Die Pfingstlesung aber betont: Kirche ist nicht im Laufe der Zeit universal geworden, sie ist es vom ersten Anfang an. Kirche ist „katholisch“ oder sie ist nicht sie selbst. Denn das genau heißt katholisch: umfassend, universal, Grenzen überwindend.

Darum bringt Lukas die vielen Ländernamen. zwölf aus der damaligen Welt, von Ost nach West, von Nord nach Süd. Kein Land soll vergessen sein. Der Geist erfasst alle Völker
Und er führt die Kirche über alle politischen und kulturellen Grenzen hinaus.

Vielfalt gehört zur Kirche – von Anfang an.
Und darum ist Vielfalt in der Kirche kein Fluch, sondern ganz im Gegenteil ein Segen.

Und das gilt nicht nur für die Kirche.
Zwei Personen – drei Meinungen, heißt ein altes Sprichwort.
Wir werden mit der Tatsache leben müssen, dass dort wo mehrere Menschen zusammenkommen, auch mehrere Meinungen aufeinanderprallen. Und das ist nicht bedauerlich, das ist gut so und das ist wichtig.

Mir fällt auf, dass in letzter Zeit immer häufiger die Rede ist von einer „gespaltenen Gesellschaft“.
Polen ist gespalten – weil es zwei Präsidentschaftskandidaten gibt.
Amerika ist gespalten – weil es Trump-Gegner und Trump-Befürworter gibt.
Und Deutschland ist gespalten – weil es unterschiedliche Meinungen über Asylpolitik, Wirtschaftspolitik und andere wichtige Themen gibt.

Davon zu träumen, dass Menschen eine Meinung haben und mit einer Stimme sprechen, das ist verständlich, aber ein großer Irrtum.
Wenn Gott das gewollt hätte, dann hätte er uns Menschen anders geschaffen. Aber er hat ganz offensichtlich die Vielfalt gewollt und die Verschiedenheit unter uns Menschen geht auf Gott selbst zurück.

Insofern ist die heutige Lesung eine wichtige Ergänzung zum Evangelium der letzten Woche. „Einheit“ war in diesem Evangelium das große Thema und das Anliegen Jesu: „Ich will, dass alle eins sind, so wie wir eins sind.“
Wir müssen die Lesung von heute dazunehmen, um zu verstehen, was wirklich gemeint ist: keine Gleichmacherei, kein Wegbügeln anderer Meinungen, sondern eine Einheit in Vielfalt.

Das Gegenteil von Vielfalt ist nicht Einheit, sondern Einfalt – habe ich irgendwo gelesen und so steht es tatsächlich im Duden.

Wir sind froh, dass die Zeiten zumindest bei uns vorbei sind, in denen Widerspruch und andere Auffassungen gar nicht erst aufkommen durften, wo man unterschiedliche Meinungen verhindert, unterdrückt und verboten hat. Wir sind dankbar, dass für uns Zeiten vorbei sind, wo man sich jedes Wort zweimal überlegen musste, wenn man nicht Gefahr für Leib und Leben in Kauf nehmen wollte.

Vielfalt ist kein Fluch, sondern ein Segen.
Einheit in Vielfalt, das ist die große Herausforderung. In unserer Gesellschaft, in unseren Vereinen, in unseren Familien.
Platz für die Konservativen, die gute, alte Werte bewahren wollen.
Platz für die Progressiven, die neue Ideen haben und frischen Wind hineinbringen wollen.
Platz für die Älteren, die Angst haben vor Veränderung.
Platz für die Jungen, die mit Elan die Welt verändern wollen.

Gott hat die Welt vielfältig gewollt.
Und er hat seine Kirche vielfältig gewollt.
Und manche Vorstellungen von der Einheit der Kirche, dass überall alles gleich gemacht werden müsse, dass alle das gleiche denken und Glaube sich überall gleich äußern müsse – manche Vorstellungen muten eher einfältig an.

Kirche muss vielfältig sein.
Kirche muss katholisch, umfassend sein – oder sie hört auf, christliche Kirche zu sein.
Eine solche Vielfalt mag unübersichtlich sein, schwieriger zu kontrollieren als Uniformität und gleichschaltete Massen.
Da wird schnell vor der Spaltung gewarnt.

An der Tür zu einem ziemlich unordentlichen Kinderzimmer hing ein Schild: Der Kleingeist hält Ordnung, das Genie beherrscht das Chaos.
Von Gottes Geist heißt es am Anfang der Bibel, dass er Herr über das Chaos ist. ER ist es, der trotz aller Verschiedenheit alles zusammenhält und zusammenführt.
Der Geist überwindet das Chaos und organisiert die Einheit in der Vielfalt.

Die Natur ist vielfältig.
Unsere Gesellschaft muss vielfältig sein.
Unser Leben muss vielfältig sein.
Genau das feiern wir Pfingsten.

Pfingsten ist der Festtag der Vielfalt.
Der Kleingeist träumt von Einmütigkeit im Sinne von Gleichschaltung und Uniformität.

Der Geist aber will die Vielfalt.
Und nur dieser Geist Gottes ist es, der lebendig macht.
Die Kirche, die Gesellschaft, unser Leben.

Einheit in Vielfalt ist der schwierigere, aber richtige Weg.
Und darum können wir den Lektoren nicht ersparen, diese vielen, fremden Namen zu buchstabieren, um uns daran zu erinnern, was katholisch eigentlich heißt: Einheit in Vielfalt.

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Komm heiliger Geist
denn viele sind von allen guten Geistern verlassen.

Komm heiliger Geist
denn die „Aber-Geister“ haben zu viel Macht

Komm heiliger Geist
denn wir brauchen deinen Schwung.

Komm heiliger Geist
denn uns bleibt viel zu oft die Luft weg

 

Komm heiliger Geist
denn wir brauchen deine Kraft

Komm heiliger Geist
damit wir lernen, Nein zu sagen, wo es nötig ist

Komm heiliger Geist
damit wir erkennen, wozu wir berufen sind

Komm heiliger Geist
damit wir den Mut haben, Neues zu wagen

Komm heiliger Geist
damit wir mehr Leben in uns spüren

Komm heiliger Geist
damit wir erkennen, was möglich ist

Komm heiliger Geist
damit wir uns verwandeln lassen können

Komm heiliger Geist

Stephan Tengler
In: Pfarrbriefservice.de

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Frohe Pfingsten!
Ihr
Ulrich Lühring