© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
Dieses Evangelium zum 1. Advent (Lk 21,25-36) finde ich nun wirklich absolut unpassend.
Ausgerechnet am 1 Advent, wo es doch um den Beginn der Weihnachtsvorbereitungen geht, mit all der Stimmung, die mit dieser Adventszeit verbunden ist, ausgerechnet an diesem Tag spricht das Evangelium vom Ende.
Die Zeitungen und Nachrichten überschlagen sich doch schon genug mit Katastrophenszenarien: Krieg und Terror, Umweltkatastrophen – Kurzarbeit und Werksschließungen – Inflation und drohende Wirtschaftskrise.
Und dann, ausgerechnet zum 1. Advent, ein Evangelium, das offensichtlich „ins gleiche Horn stößt“:
Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen, denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“
Als ob nicht schon genug Angst vor der Zukunft herrscht.
Aber es gibt doch zum Glück genug andere Stellen im Evangelium.
Suchen wir doch einen anderen Text aus, einen schöneren zum Beginn dieser Adventszeit – einen, der von Licht spricht, von der Freude.
Nehmen wir doch einfach einen anderen Text und weg mit dieser düsteren Stimmung.
Und was würde das ändern?
Wir hätten dann vielleicht eine schöne, eine adventliche Stimmung hier in der Kirche – aber wäre die Welt draußen deshalb auch nur um einen Deut heller geworden?
Es wäre so wie bei so vielem, was heute vorschnell unsere Gefühle betäubt: Es wäre nett, es wäre erbaulich, aber es wäre alles andere als hilfreich.
Im Evangelium ist ja nicht nur die Rede von den Sorgen des Alltags, die uns verwirren, sondern auch von Rausch und Trunkenheit.
Ich denke, dass es dabei nicht nur und nicht zuerst um Glühwein und Alkohol geht.
Man kann auch von ganz anderen Sachen wie besoffen werden, blind für die Realität und für die wirklichen Notwendigkeiten.
Haben sie schon alle Plätzchen gebacken?
Ist der Adventsschmuck schon im Haus verteilt?
Sind alle Geschenke eingekauft?
Alle Adventskonzerte und Besuche auf dem Weihnachtsmarkt geplant und die Besuchstermine verabredet?
All unsere Vorbereitung auf Weihnachten, all die Hektik in die unsere Adventszeit schnell umschlagen kann, all die vielen vermeintlich besinnlichen Stunden, sind hohl und leer, wenn sie nur abgespult werden.
Nichts ist fataler, als wenn uns bei all diesen noch so schönen Dingen das Ziel aus dem Blick kommt.
Nicht nur der Alkohol kann eine Flucht aus der Realität sein, auch die vielen romantisch-schönen Aktivitäten der Adventszeit können zu einer Verdrängung der Realität werden.
Nehmt euch in acht,
dass Rausch und Trunkenheit euch nicht verwirren.
Denn das ist eine Falle.
- sagt Jesus.
Adventszeit heißt nicht, dass wir in Glühweinglückseligkeit und romantischem Lichterglanz den Realitäten entfliehen.
Seid wachsam – heißt die Aufforderung des Evangeliums.
Das heißt: nicht wegsehen.
Den Kopf nicht in den Sand stecken.
Nicht für ein paar Tage oder Wochen den Realitäten entfliehen in eine „Vorweihnachts-Glitzerwelt“.
Advent ist kein naives Vertrösten auf bessere Zeiten – und kein passives Resignieren vor dem Hier und Jetzt.
Advent heißt, dass wir uns den Realitäten stellen, dass wir hinsehen, statt wegzusehen.
Seid wachsam.
Aber wir tun es in Zuversicht:
Richtet euch auf und erhebt euer Haupt.
Denn eure Erlösung ist nahe.
Es geht um die Zuversicht aus dem Glauben, aus dem Grundvertrauen auf Gott.
Von diesem Gottvertrauen getragen, können wir allen Schwarzsehern und Unheilpropheten trotzen.
Unser Glaube diskutiert die Schatten dieser Welt und die Schatten in unserem Leben nicht weg.
Würde er das tun, würde er sie nur leugnen – und es würde sich nichts ändern.
Es wäre so wie bei so vielem, was heute vorschnell unsere Sorgen und unsere Gefühle betäubt: Es wäre nett, es wäre romantisch und erbaulich, aber es wäre auf die Dauer nicht hilfreich.
Das Evangelium geht einen anderen Weg.
Jesus weiß, dass wir Menschen Ängste haben.
Und er weiß auch, dass wir Grund dazu haben.
Er weiß, dass wir manchmal allen Grund dazu haben, uns Sorgen zu machen.
Nicht alles, was die Zukunft bringt, ist rosig.
Von solchen Zeiten spricht das Evangelium.
Und es sagt uns ganz deutlich, dass es solche Zeiten gibt, auch für uns, auch für den, der glaubt.
Das Evangelium ist da sehr ehrlich.
Und diese Ehrlichkeit ist mehr wert als falsche Gefühlsduselei.
Das Evangelium bleibt schließlich bei der nüchternen Analyse nicht stehen.
Es sagt ja weit mehr.
Und das dürfen wir mit der gleichen Zuverlässigkeit, genauso sicher annehmen.
Richtet euch auf und erhebt euer Haupt.
Denn eure Erlösung ist nahe.
Die Finsternis hat ein Ende.
Sie hat nicht das letzte Wort.
Am Ende der Adventszeit steht das Weihnachtsfest: Gott wird Mensch.
Wo unsere Möglichkeiten am Ende sind, da fangen SEINE Möglichkeiten erst an.
Christus ist Licht und er bringt Licht in unsere Dunkelheiten – manchmal schon lange, bevor wir es überhaupt merken.
Predigtidee: www.joerg-sieger.de
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Einladung
Es klingt verlockend:
Einer ist da, wenn ich ihn brauche.
Es klingt tröstlich:
Mir wischt jemand meine Tränen ab.
Es klingt geheimnisvoll:
Wunderbarer Ratgeber. Friedensfürst.
Es klingt hoffnungsfroh:
Einer vollendet, was ich beginne.
Und dann höre ich im Radio die Nachrichten
und die Nachbarin erzählt von ihrem Leid.
Und ich höre meine Zweifel und Fragen:
Wann ist es soweit?
Oder ist das alles schon vorbei?
Oder bin ich mitten drin?
Wie klingt Advent?
Öffne meine Ohren.
Öffne mein Herz.
Du, „Ich bin da“.
Johannes Simon, In: Pfarrbriefservice.de
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Einen guten Start in eine gesegnete Adventszeit
wünscht Ihnen
Ihr
Ulrich Lühring
(Der nächste "geistliche Impuls" kommt am 22. Dezember.)