



© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Haben Sie diese Woche Barbarazweige abgeschnitten und in die Wohnung gestellt?
Zugegeben: Der Brauch ist ziemlich aus der Mode gekommen.
Aber Tannenzweige werden Sie doch ganz sicher als Adventsdeko in der Wohnung haben?Und in die allermeisten Häuser kommt zu Weihnachten ein Tannenbaum.
Aber, egal ob Barbarazweige, Tannenzweige und Weihnachtsbaum – alle drei haben einen entscheidenden Schönheitsfehler: Sie haben keine Wurzeln.
„O Tannenbaum, dein Kleid will mich was lehren. Die Hoffnung und Beständigkeit gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit.“ – heißt es in der 3. Strophe.
Aber in der Realität ist da wenig Beständigkeit, sondern eine Hoffnung, die schnell nadelt. Und spätestens nach dem Dreikönigsfest fliegen die Bäume in hohem Bogen aus unseren Wohnzimmern hinaus.
Ein Baum ohne Wurzeln, der hat eben keine Zukunft.
Ich frage mich (und ich frage Sie): Ist das kurze Leben der wunderschön geschmückten Weihnachtsbäume vielleicht eine Art Gleichnis für unsere oft wurzellose Welt?
Wie ist das denn mit unseren Wurzeln, mit meinen Wurzeln?
Gleich zweimal taucht dieses Stichwort „Wurzeln“ in den Texten des 2. Advents auf:
Der Prophet Jesaja lebt in einer Zeit, die alles andere als rosig ist. Es sind schlimme Zeiten.
Und dennoch (oder gerade deshalb) ist er der große Hoffnungsprophet der Bibel: Es wird neues Leben wachsen.
Er spricht nicht von einem prächtigen, gesunden Baum, sondern von einem Baumstumpf, der sogar einen Namen hat: der Baumstumpf Isai.
Isai ist der Vater von König David. Beide sind längst tot, vom einst prächtigen Königsgeschlecht Davids ist nicht mehr viel übrig.
Wer im Wald spazieren geht, der kann das hin und wieder sehen: Wie aus einem abgesägten Baum, einem scheinbar toten Reststumpf etwas Neues wächst.
Das ist möglich, weil die Wurzeln noch da sind – und weil die Wurzeln gut sind.
In früheren Zeiten wurde vor der Christmette der „Stammbaum“ Jesu feierlich verlesen, der zurückgesponnen wurde bis zu König David zurück – und sogar noch weiter bis hin zu Adam und Eva.
Jeder Historiker wird dazu nur milde lächeln. Aber was mir gefällt ist dieses Bild der Wurzel: Jesus hat seine Wurzeln in ganz konkreten Menschen. Er hat einen Stammbaum, eine Familie, eine Familiengeschichte.
An diesem 2. Adventssonntag geht es um das Bild der Wurzel.
Und es fragt mich: Wo sind denn deine Wurzeln?
Was sind die Wurzeln deines Lebens?
Und was sind die Wurzeln deines Glaubens?
Man schneidet nicht die Wurzeln ab, aus denen man stammt! – so kritisierte Papst Johannes Paul II. im Jahr 2004 die neue EU-Verfassung aus der der „Gottesbezug“ gestrichen wurde.
Halten wir uns in den wurzellosen Bäumen, die wir zu Weihnachten in unsere Wohnungen stellen, unbewusst einen Spiegel vor?
Ein Baum ohne Wurzeln geht ein.
Ein Mensch ohne Wurzeln – auch.
Wer aus der Kirche austritt, schneidet die Wurzel ab, von der unser Christsein genährt wird. – sagt Bischof Wanke aus Erfurt in einer Predigt.
Es ist eben keine Bagatelle, mal so eben aus der Kirche auszutreten und zu denken: Im Herzen bleib ich ja gläubig und irgendwie werde ich am Ende schon beerdigt werden, wie – das ist mir dann ohnehin egal.
Mir gefällt das Bild der Wurzel im Bezug auf die Kirche.
Ja, es gibt viele Missstände und noch mehr Fehler in der Kirche.
In den 40 Jahren, in denen ich in dieser Kirche aktiv bin, habe ich das oft und auch schmerzhaft erlebt.
Aber es sind und bleiben meine Wurzeln.
Dass so viele Menschen aus der Kirche austreten, hat nicht nur mit konkreten Fehlern zu tun. Es hängt auch mit einer Mentalität zusammen, überhaupt Bindungen und Verpflichtungen als lästige Pflichten anzusehen – und sie zu kappen.
Wer geht denn heute noch Verpflichtungen ein in einem festen Ehrenamt? In einem Verein?
Die Zeiten, in denen jemand die „Silberne Ehrennadel“ bekam für 25 Jahre Mitgliedschaft im Kirchenchor, die sind vorbei.
Heute gibt es „Projektchöre“.
Sie glauben nicht, wie oft ich den Satz gehört habe, wenn Kandidaten gesucht wurden für Pfarreirat oder Kirchenvorstand: Wenn es in der Pfarre etwas zu tun gibt, können sie mich immer fragen. Aber ich will mich nicht binden.
An eine Bindung an einen Menschen in der Ehe – da denken viele junge Menschen schon lange nicht mehr.
Ein Baum ohne Wurzeln geht ein.
Wer Wurzeln kappt, zerstört Leben – auch wenn man es am Anfang noch nicht merkt.
Auf unsere Wurzeln besinnen wir uns – an diesem 2. Advent.
Wo sind denn Ihre Wurzeln?
Die Wurzeln Ihres Lebens und die Wurzeln Ihres Glaubens?
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Was sind meine Wurzeln?
Manche Wurzeln haben Namen und Gesichter,
andere sind kaum greifbar:
Erfahrungen, die mich geprägt haben,
Probleme, die mich stark gemacht haben.
Meine Wurzeln erinnern mich daran,
dass ich nicht im Leeren stehe,
sondern aus einer Tiefe wachse, die mich hält.
Meine Wurzeln erinnern mich daran,
wer ich bin.
In ihnen liegt eine Kraft, die mich trägt,
wenn Neues mich verunsichert.
Wurzeln geben Halt
ohne mich festzuhalten.
Sie erzählen von Erfahrungen,
über die ich gewachsen bin.
Sie zeigen mir, worauf ich bauen kann.
Man schneidet nicht die Wurzeln ab,
aus denen man stammt,
denn aus ihren wächst der Mut,
die Zukunft zu gestalten.
Wurzeln sind nicht Fesseln,
sondern Wege in die Tiefe,
wo Vertrauen gewachsen ist.
Wer seinen Wurzeln nachspürt,
findet zu dem Ursprung, der ihn trägt.
Wo sind Deine Wurzeln?
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Einen gesegneten 2. Advent
wünscht
Ihr Ulrich Lühring