Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zum Palmsonntag 2024

Verraten und verkauft

16264_dscf0608_by_katharina_wagner_pfarrbriefservice (c) Katharina Wagner (www.pfarrbriefservice.de)
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Datum:
Do. 21. März 2024
Von:
Ulrich Lühring

Verraten und verkauft

Das passt wohl zu diesen Stellen aus dem Evangelium, die Sie heute morgen gehört haben – und am Ende des Tages zu diesem Palmsonntag.
Verraten und verkauft wurde Jesus. Verraten voon einem seiner besten Freunde – verkauft für dreißig Silberlinge.

Und wenn man den Verlauf der Geschichte noch ein wenig weiterspult, muss man sogar sagen: Das war beileibe kein Einzelfall.
Petrus war der nächste, der ihn verraten hat; gleich dreimal hintereinander.
Und als es wirklich ernst wird, stehen am Ende nicht mal eine Handvoll Freunde und Familie unter dem Kreuz.

Beim Einzug in Jerusalem war die Begeisterung groß. So viele Anhänger, so viele Bewunderer, so viele Freunde.
Aber da, wo es darauf ankam – nicht mal eine Handvoll.

Echte Fründe in dr Nut
jonn ´er hundert op e Lut.  *)
wussten schon die Höhner zu singen.

 

Und damit sind wir schon bei der (wie immer) entscheidenden Frage angekommen: Was hat dieses Evangelium mit mir und meinem Leben zu tun?

Mir wird in den letzten Jahren immer wichtiger, dass diese Texte, die wir „Evangelien“ nennen, nicht nur die Lebensgeschichte dieses Jesus von Nazareth erzählen, sondern dass sie wichtige Einsichten über das Leben an sich vermitteln, die dieser Jesus vorgelebt und auch durchlitten hat.

Und dazu gehört offensichtlich auch diese Erfahrung: Verraten und verkauft zu werden.
Enttäuscht zu werden, ausgerechnet von jemand, von dem wir es nie erwartet hätten.
Für den hätte ich meine Hand ins Feuer gelegt – und hab´ sie mir ganz schön verbrannt.

Ich bin mir ziemlich sicher: Ihnen geht es nicht viel anders als mir – Sie kennen dieses Gefühl, Sie haben es so (oder ähnlich) auch schon erlebt.

Es muss nicht gleich so massiv sein, wie es dieser Jesus erlebt hat.
Aber grundsätzlich haben Sie das auch schon erlebt: Im Stich gelassen werden – oder sich im Stich gelassen fühlen, ausgerechnet von Menschen, von denen Sie es nicht erwartet hätten.

 

Und wenn Sie sehr ehrlich mit sich selbst sind, dann kennen Sie vielleicht auch das umgekehrte Gefühl:
Nicht im Stich gelassen werden, sondern jemand anders im Stich gelassen haben.

Wenn ich lange und ehrlich genug nachdenke: Hatte da schon mal jemand Grund, sich von mir im Stich gelassen zu fühlen?

 

Wenn ich mich erinnere an dieses Theaterstück „Judas“, das im letzten Jahr auch hier bei uns aufgeführt wurde, dann lautete eine These dieses Stücks:
Dieser Judas war ja nicht notwendig einfach ein böser und schlechter Mensch.
Der hatte seine Gründe, warum er meinte, so handeln zu müssen wie er gehandelt hat.
Der hat Jesus nicht einfach so im Stich gelassen.

Nicht nur in der Zeit der braunen Diktatur war die Zahl der Mitläufer groß – aus Angst, aus Bequemlichkeit oder weil der Mut fehlt, gegen den Strom zu schwimmen.

Wie ist das also mit mir?
Habe ich schon mal jemand im Stich gelassen, vielleicht aus gutem Grund, vielleicht weil ich meinte, es ginge gar nicht anders…
Und weisen Sie das nur nicht so schnell weit von sich.
Wenn die These des Evangeliums stimmt, ist das eher nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

 

Echte Fründe in der Nut
jonn ´er hundert op e Lut.

Übersetzt könnte man vielleicht so sagen: Wenn Du jemand hast, der wirklich zu dir hält, von dem Du weißt, dass sie dich nie im Stich lassen würde – dann ist das mehr Glück als ein 6-er im Lotto.

Bist Du dir, wenn du so einen Menschen (oder vielleicht sogar eine Handvoll solcher Menschen) hast, dessen bewusst?
Und hast du das auch schon einmal gesagt?
Ihm oder ihr – oder ihnen…

 

Apropos „gesagt“.

Im Evangelium finde ich zu diesem Thema noch einen weiteren Schritt – und das ist wahrscheinlich sogar der schwierigste.

Jesus spricht diese Erfahrung „verraten und verkauft zu werden“ aus – und zwar nicht hintenrum, sondern „Angesicht zu Angesicht“.

Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen – sagt Jesus zu Petrus.
Offen und unverblümt – von Mann zu Mann.

 

Jetzt können Sie vollkommen zurecht antworten: Diese prophetische Gabe Jesu habe ich ja nicht, vorher zu wissen, wer mich verraten wird.
Das stimmt.

Vorher wissen können Sie es nicht.
Und vorher sagen auch nicht.
Aber hinterher.
Es aussprechen und ins Wort bringen, wenn es passiert ist, das können Sie.

„Da, genau in diesem Moment, in dieser Situation hatte ich das Gefühl, dass Du mich im Stich gelassen hast.“
Das könnten Sie schon sagen.

Allerdings braucht es reichlich Mut und noch mehr Überwindung. Und daher ist es sehr schwer – und wohl auch sehr selten.

 

Verraten und verkauft werden.
Wie und wo kenne ich dieses Gefühl aus meinem Leben?
Passiv (im Stich gelassen werden) – und auch aktiv (andere im Stich lassen)…

Und wie sehr bin ich in der Lage, dieses Gefühl, dieses Erlebnis auch zur Sprache zu bringen?
Und zwar nicht hintenrum, sondern da, wo es wirklich hingehört…

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*) jonn ´er hundert op e Lut - gehen hundert auf ein Lot

Da ich mich beim Singen immer wieder gefragt habe: Was heißt das? - habe ich folgendes recherchiert: Das "Lot" war einmal eines der kleinsten, gebräuchlichen Gewichte. Steht also für "sehr wenig". Das Hundertstel eines Lots steht dann für "unglaublich oder unvorstellbar wenig" - oder (wenn es um Waage und Gewichte und damit auch um Wert geht) für "unglaublich kostbar".

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„Dem Vogel ein Nest,
der Spinne ein Netz
und dem Menschen Freundschaft.“

schrieb der englische Dichter William Blake.

 

Damit sind nicht jene gemeint,
die sich auf „Instagram & Co“ als „Freunde“ bezeichnen,
dann aber verspotten, vorführen und fallen lassen.

Einen echten Freund, eine echte Freundin zu haben,
das ist ein Geschenk.

Echte Freunde und Freundinnen sind da,
wenn du sie brauchst.
Wie wohltuend ist es, wenn jemand mit dir lachen,
aber auch weinen kann.
Wenn jemand dafür sorgt, dass du nicht im Regen stehst
oder irgendwo ins offene Messer rennst.

Echte Freunde loben dich,
aber sie schmeicheln dir nicht.
Sie nehmen dich an mit all deinen Ecken, Kanten und Flecken.

Jesus selbst hat uns einmal seine „Freunde“ genannt.
Auf ihn können wir uns blind verlassen.

Selbst den unglücklichen Judas Ischariot,
begrüßt er, als er kommt, um Jesus mit einem Kuss zu verraten,
mit den Worten:
Mein Freund, dazu bist du gekommen?“

 

Leider ist die Zahl derer groß,
die zwar den Namen „Freundschaft“ im Munde führen,
ihn aber nicht wirklich kennen und sogar mit Füßen treten,
wenn es wirklich darauf ankommt.

Ein irischer Segensspruch lautet:
„Mögen die Scharniere unserer Freundschaft nie rostig werden.“

 Wenn dem so ist, dann sollten die „Scharniere“ deiner Freundschaft
und deiner Partnerschaft
stets „geölt“ werden.

Nichts braucht mehr Pflege als eine tragfähige Freundschaft
(und eine tragfähige Partnerschaft).

Dein Leben verändert sich mit demjenigen,
der neben dir steht,
aber auch mit dem, der neben dir fehlt.

nach einem Text von Stanislaus Klemm
www.pfarrbriefservice.de

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Eine gesegnete Karwoche wünscht Ihnen
Ihr
Ulrich Lühring