Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zum Sonntag - 03. November 2024

Geben_Nehmen_Fotomontage_by_Christian_Schmitt_pfarrbriefservice (c) Christian Schmitt (pfarrbriefservice.de)
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Datum:
Sa. 2. Nov. 2024
Von:
Ulrich Lühring

In meiner Zeit als Jugendseelsorger beschäftigten wir uns bei einem Bibelwochenende mit Jugendlichen auch mit dem Evangelium des heutigen Sonntags.
Die Aufgabe für die Jugendlichen lautete, einen „Anti-Text“ zu schreiben, das heißt: alle Aussagen des Textes in ihr genaues Gegenteil zu verkehren.

Das Ergebnis hörte sich (in etwa) so an:

Ein Schriftgelehrter kam zu Jesus und fragte ihn:
„Was muss ich tun, um ein guter Christ zu sein?“

Jesus antwortete: „Als erstes musst du dir merken: Es gibt viele Arten, an Gott zu glauben. Man muss nicht in die Kirche rennen, um ein guter Christ zu sein.

Und das zweite ist: Jeder ist sich selbst der Nächste. Man kann nicht immer nur für andere da sein, sonst wird man am Ende nur ausgenutzt. Heutzutage muss man Durchsetzungsvermögen und Ellbogen haben, um sich durchzusetzen.

Klar: Man darf nicht immer nur an sich denken. Aber alles hat doch seine Grenzen!"

Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: „Endlich mal jemand, der modern denkt. So, wie du es sagst, gibt es heute doch viele gute Christen!“

 

Geht es Ihnen auch so, wie uns damals? Mit diesem Antitext wurde uns viel bewusster, was in diesem Evangelium, das wir wahrscheinlich schon viel zu oft gehört haben, wirklich drinsteckt.

Es wird unablässig von Liebe geredet und gesungen. Man müsste sich einmal die Mühe machen mitzuzählen, wie oft dieses Wort tagtäglich in Schlager, Liedern oder in den Medien auf uns niederregnet.

Auch bei uns in der Kirche ist sehr viel von Liebe die Rede. Aber auf unseren Alltag und unser tatsächliches Leben trifft wohl eher jene Beschreibung zu, die uns Lothar Zenetti in einem Text gibt:

Ja, den andern mal so richtig zeigen, wer der Boss ist!
Aber der Dumme sein, der anderen den Dreck wegmacht?

 Ja, den anderen mal so richtig begreiflich machen, wo der Hammer hängt!
Aber der sein, auf den man einschlägt?

 Ja, den anderen mal so richtig den Kopf waschen!
Aber die Füße?

 

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ – den Anspruch kennen wir, haben ihn tausendmal gehört. Aber, Hand aufs Herz, wenn wir ihn hören, setzen wir dann nicht in Gedanken schon Grenzen und schwächen ihn hab – und heben ihn damit schon halb auf.

Dabei hat Jesus ihn genau so gemeint, wie er ihn gesagt hat: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ – ohne jede Grenze und Abschwächung und Einschränkung.

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„Liebe und mach, was du willst.“

Vielleicht kennen Sie jene skurrile Geschichte, die von einem Mann erzählt, der mit seinem kleinen Sohn und einem Esel loszog, um die Welt kennen zu lernen. Er setzte seinen Sohn auf den Esel. Als sie im ersten Dorf ankamen, hörten sie ein paar Leute tuscheln: „Ist das nicht eine Unverschämtheit von dem kleinen Lümmel, dass er bequem auf dem Rücken des Esels reitet, während sein armer, alter Vater Mühe hat, zu Fuß mit zu halten?“ Als der Vater das hörte, war es ihm sehr peinlich, dass die Leute so schlecht über seinen Sohn daherredeten. Also holte er seinen Sohn vom Esel und setzte sich selber auf das Tier. Als sie in das zweite Dorf kamen, hörten sie die Leute reden: „Schaut Euch das an. Dieser Mann schämt sich nicht, in aller Ruhe auf dem Esel zu sitzen und seinen kleinen Sohn mit seinen kleinen Beinchen nebenher laufen zu lassen. Unmöglich!“ Der Mann stieg sofort vom Esel herunter und sagte zu seinem Sohn: „Komm, wir laufen beide neben dem Esel her, dann hat er es auch leichter!“ Im nächsten Dorf trauten sie ihren Ohren nicht, als sie die Leute sagen hörten: „Schaut euch diese beiden Dummköpfe an. Sie laufen zu Fuß, obwohl sie doch einen Reitesel haben, der sie bequem tragen könnte!“ Der Vater und der Sohn setzten sich nun gemeinsam auf den Esel und zogen weiter bis zum nächsten Dorf. Dort schüttelten die Leute den Kopf und sagten: „Schaut Euch diese Tierquäler an! Sie werden ja dem armen Esel den Rücken brechen!“ Vater und Sohn stiegen ab, und der Vater sagte zu seinem Sohn: „Hör mal zu, egal, was wir machen, es wird immer einigen dieser Leute nicht gefallen. Lass uns ab jetzt das machen, was wir beide wirklich wollen.“

Ich denke, die sogenannte Moral von der Geschichte liegt klar auf der Hand: Du kannst es wirklich nicht allen recht machen. Es gibt immer jemanden, der an Dir irgendetwas zu kritisieren hat. Wer akzeptiert Dich schon so, wie Du wirklich bist? Deshalb: Lebe immer so, wie Du es für richtig hältst, und gehe immer dorthin, wohin Dein Herz dich führt. 

Der Heilige Augustinus hätte jetzt noch seinen berühmten Satz hinzugefügt: „Dilige et quod vis fac!“ – „Liebe und tu, was du willst“. Solange Du Dich immer von der Liebe leiten lässt, kannst Du nichts falsch machen, ganz egal, was Du machst.

Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und Theologe
in: Pfarrbriefservice.de