© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
Es war zur Zeit der Französischen Revolution. Da kam ein Schweizer Gesandter zum Fürstbischof von Straßburg. Fast entschuldigend bekannte der Gesandte, dass er selbst evangelisch sei.
Die Antwort des Bischofs ist überliefert: „Das ist mir einerlei! Die Liebe zum Guten macht die wahre Religion, der Name tut nichts zur Sache.“
Es ist auch überliefert, dass der Schweizer Gesandte mehr als verwundert war.
So eine Äußerung aus dem Mund eines katholischen Bischofs war damals schon sehr aufsehenerregend.
Vielleicht war der Straßburger Fürstbischof mehr Fürst als Bischof – und hatte von Religion und Theologie nicht besonders viel Ahnung.
Heute würde seine Äußerung wohl eher im allgemeinen Trend liegen, denn so zu denken ist mittlerweile ja weithin gang und gäbe.
Wie viele Menschen sagen das denn heute ganz offen: Hauptsache ist, man ist ein guter Mensch.
Die Religion ist dabei zweitrangig.
Ich will das sicher nicht so stehen lassen; denn ich bin mir sicher, dass Religion mehr ist als ein Etikett und eine vernachlässigbare Größe.
Religion kann einen Halt im Leben geben, den ich nicht missen möchte.
Wie ist das nun aber mit der allgemeinen Meinung: Zuerst einmal ist es wichtig, ein guter Mensch zu sein?
Und da komme ich noch einmal zurück auf diesen eingangs zitierten Bischof.
Hat er wirklich so wenig Ahnung von Religion und Theologie?
Es ist kein Geringerer als Petrus selbst, der in der heutigen Lesung sagt:
Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
(Apg 10.34-35)
Diese Erkenntnis war dem Petrus nicht leichtgefallen.
Petrus hatte immer geglaubt, dass das Heil einzig und allein dem Volk Israel galt.
Es war für ihn ein langer Weg, bis er erkannte, dass Gott nicht auf Völker schaut, nicht aufs Geschlecht und auch nicht auf religiöse Vorbedingungen.
Gott schaut zuallererst darauf, was für ein Mensch ich bin.
Gott wird nicht fragen, welche Religion hast du gehabt?
Welche Lehrsätze hast du nachgebetet?
Wie oft bist du zum Gottesdienst gegangen?
Wie viele Gebete hast du auswendig gekonnt?
Er wird fragen: Wo warst du, als ich nackt war, als ich hungrig war und deine Hilfe gebraucht habe?
Es geht heute, am Fest der Taufe des Herrn, auch um unsere Taufe.
Es geht um die Frage: Was bedeutet die Taufe für mich.
Etwas pointiert könnte man, wenn man die heutige Lesung ernst nimmt, sagen:
Die Taufe ist nicht die Eintrittskarte für den Himmel.
Es ist (auch wenn der Vergleich sicher hinkt) eher wie mit der Mitgliedskarte vom Fitnessclub.
Wenn die ungenutzt in der Schublade liegt, ist sie einfach nutzlos.
Schon im Alten Testament zieht sich das durch die Botschaft aller Propheten durch:
Gott will Barmherzigkeit, nicht Opfer (z.B. Hosea 6,6).
Jesus hat es in seiner Botschaft noch einmal auf den Punkt gebracht:
Gott ist die Liebe und wer nicht liebt, der ist nicht in Gott und Gott ist nicht in ihm (vgl. 1 Joh 4,16).
Nicht jeder, der ein guter Mensch ist, ist auch ein Christ.
Zum Christsein gehört auch die religiöse Dimension.
Aber ein Christ, der kein guter Mensch ist, kann kein guter Christ sein.
Selbstverständlich wäre es toll, wenn alle Menschen aus tiefstem Herzen religiöse Menschen wären.
Ich wäre aber schon froh, wenn die Menschen auf der Welt wenigstens richtig Mensch wären – human und mitfühlend.
Und darum träume ich (ehrlich gesagt) nicht von einer christlichen Welt.
Mir würde schon reichen, wenn sie einfach menschlicher wäre.
Jörg Sieger (www.joerg-sieger.de)
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Im Jiddischen meint das Wort "Mentsch" eine Person,
die aufrichtig und integer ist,
die gut handelt,
nicht weil es ihr um Macht, Erfolg und Reichtum geht,
sondern weil sie immer zuerst Mitmensch ist;
Bruder und Schwester.
Ich glaube,
Jesus von Nazareth war ein solcher Mensch.
Und das fordert uns Christen,
die wir auf seinen Namen getauft sind
und in seiner Nachfolge leben,
heraus, täglich neu MNeschen zu sein.
Unsere Mitmenschlichkeit wird in einer Gesellschaft,
die auseinanderzubrechen droht,
dringend gebraucht.
Rechte Parteien gewinnen Zulauf in unserem Land,
die soziale Schere driftet immer weiter auseinander.
All der Kälte, dem Hass, der pauschalen Verurteilung von Menschen
unbeirrbar die Mitmenschlichkeit entgegenzustellen,
dazu ermutigt uns dieser Jesus -
Mensch geworden,
damit wir immer mehr Menschen werden.
Dr. Katrin Großmann
Quelle: Newsletter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
gefunden in: Pfarrbriefservice.de
(Text von mir für diesen Zweck leicht verändert)
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Herzliche Grüße und einen schönen Sonntag,
Ihr
Ulrich Lühring