



© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Ich gestehe: Ich bin kein besonders großer Paulus-Fan.
Wenn die Kollegen über Paulus und seine Theologie schwärmen, kann ich nicht mitschwärmen.
Da ist mir Vieles zu hoch und zu theoretisch.
Ganz zu schweigen vom Frauenbild des Paulus.
Und ich gestehe: Bei der heutigen Lesung (Kol 3,12-21) haben wir gleich einige Sätze weggelassen.
Ihr Frauen, ordnet euch euren Männer unter,
wie es im Herrn geziemt.
Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem,
denn so ist es gut und recht im Herrn.
Das kann man meiner Meinung nach nicht allen Ernstes in der Kirche vorlesen – und dann sagen: Wort des lebendigen Gottes.
Wenn ich heute dennoch die Lesung aus dem Paulusbrief ausgesucht habe, dann ehrlich gesagt wegen eines einzigen Satzes, der es mir wirklich angetan hat.
Nein, ich meine jetzt nicht den Satz:
Vor allem liebt einander,
denn die Liebe ist das Band,
das alles zusammenhält und vollkommen macht.
Zugegeben, das ist ein toller Satz.
Aber eben auch ein ganz, ganz harter Brocken.
Ein Satz, bei dem mir immer ganz anders wird.
Eine Aufgabe, die mir so hoch angesiedelt ist, dass ich schon versucht bin zu sagen: Das schaffe ich sowieso nicht.
So sehr ich mir das auch wünschen würde.
Ich werde es in diesem Leben wohl nie schaffen, alle Menschen zu lieben.
Noch nicht einmal, wirklich alle zu mögen.
Ich bin mir ziemlich sicher: Jedem von Ihnen fallen Menschen ein, die bei einem selbst nicht nur „ungute Gefühle“ auslösen,
die einen immer wieder auf die Palme bringen.
Nein, ich bin mir ziemlich sicher, ich werde es in diesem Leben nicht schaffen, alle Menschen zu lieben.
Aufgaben aber, die man sowieso nicht schaffen kann, die legt man leicht als unerfüllbar zur Seite.
Und tröstet sich damit, dass sie halt unrealistisch sind.
Und darum bin ich Paulus heute dankbar für diesen einen, anderen Satz -
denn bevor er überhaupt von „Liebe“ spricht, schreibt er:
Ertragt euch gegenseitig,
und vergebt einander,
wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat.
Ertragt euch gegenseitig.
Wenn es schon Menschen gibt,
bei denen wir uns schwer tun, sie zu lieben:
Ertragen können wir uns wenigstens.
Das könne doch ein guter Anfang sein.
Ein erster Schritt.
Und zwar nicht nur bei denen „deren Nase uns nicht passen“,
sondern bei denen, denen wir wirklich „etwas vorzuwerfen haben“.
Sie ertragen.
Sie einfach mal so sein zu lassen wie sie sind.
Ihr Eigenarten, ihre Mucken, ihre Kanten,
auch wenn wir sie nicht lieben können -
einfach schon einmal ertragen.
Gerade die Weihnachtstage sind eine emotional hoch anspruchsvolle Zeit.
Wir alle erwarten uns eine schöne, eine friedliche Zeit,
wo wir gemeinsam, aber auch als Einzelne gefühlsmäßig „auf unsere Rechnung kommen“.
Dabei ist allgemein bekannt, dass es gerade zu dieser Zeit besonders oft kracht,
weil die Erwartungen zu hoch sind.
Die Scheidungsrate ist nach Weihnachten besonders hoch – und erfahrene Scheidungsanwälte haben in dieser Zeit „Notsprechstunden“.
Mit dem großen „Fest der Liebe“ können wir uns leicht übernehmen.
Und genau darum ist mir gerade heute dieser eine Satz des Paulus so lieb und so wichtig:
Ertragt einander,
damit das Leben erträglich bleibt.
==============================================================
Khalil Gibran – Von den Kindern
Eine Frau sagte: Sprich zu uns von den Kindern.
Und ER sagte:
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch euch, doch nicht aus euch.
Und sind sie auch bei euch, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nicht eure Gedanken.
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihren Körpern dürft ihr eine Wohnstatt bereiten,
doch nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus der Zukunft, und das bleibt euch verschlossen, selbst in euren Träumen.
Ihr dürft danach streben, ihnen ähnlich zu werden,
doch versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben schreitet nicht zurück, noch verweilt es beim Gestern.
Ihr seid der Bogen, von denen eure Kinder als lebendige Pfeile abgeschnellt werden.
Die Aufgabe des Bogens ist es nicht, die Pfeile zu bewahren, sondern ihnen die Richtung zu geben, aber das Ziel müssen sie selbst finden.
gefunden:
Von den Kindern (Khalil Gibran) - Medienwerkstatt-Wissen © 2006-2025 Medienwerkstatt
=================================================================
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr
Ulrich Lühring