Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig

Geistlicher Impuls vom 26.03.2023

Heute schon gelebt?

2020-03-29_lazarus_aus_dem_grab_11_25_by_martin_manigatterer_pfarrbriefservice (c) Martin Manigatterer, Bearbeitung Martha Gahbauer (www.pfarrbriefservice.de)
2020-03-29_lazarus_aus_dem_grab_11_25_by_martin_manigatterer_pfarrbriefservice
Datum:
Sa. 25. März 2023
Von:
Ulrich Lühring

Heute schon gelebt?

Nur diese drei Worte standen auf dem Aufkleber.
Aber die sind mir in Erinnerung geblieben:
Heute schon gelebt?

Eine merkwürdige Frage.
Klar hab‘ ich heute schon gelebt – oder vielleicht doch nicht?

Ich beobachte bei mir selbst und auch bei vielen Anderen die Tendenz, das Leben auf morgen zu verschieben:

  • Wenn ich einmal in der Schule bin, sagt das Kindergartenkind.
  • Wenn ich erst einmal meinen Schulabschluss habe, sagt der Jugendliche.
  • Wenn wir erst einmal zusammenwohnen, sagt das Liebespaar.
  • Wenn erst einmal die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, sagen die Eltern.
  • Wenn ich erst einmal pensioniert bin…

Und dann ist das Leben um und wir merken, dass wir noch gar nicht wirklich begonnen haben, es zu leben.

Ich denke an einen Kurzfilm „Leben in einer Schachtel“. In einem Zeichentrickfilm wird in 5 Minuten das Leben eines Menschen zusammengerafft.

  • Geburt im Krankenhaus – eine Schachtel.
  • Kindergarten – eine Schachtel.
  • Schule – eine andere Schachtel.
  • Arbeit in der Fabrik – eine große Schachtel
  • Zuhause und Familie – noch eine Schachtel
  • Und am Ende des Films eine kleinere Schachtel mit einem Kreuz darauf, die von vier Männern getragen wird.

Manchmal mag unser Leben tatsächlich so erscheinen:

  • eingemauert
  • festgelegt
  • ohne Überraschungen
  • Leben in einer Schachtel

 

Mit diesem Bild im Kopf höre ich die Worte des Evangeliums:
„Lazarus, komm heraus“
„Komm heraus aus deiner Schachtel“

 

Ich gebe zu, dass ich diese Geschichte um die Auferweckung des Lazarus ziemlich ungerecht finde.
Lazarus erhält ein zweites Leben geschenkt, weil Jesus sein Freund ist.

Und was ist mit dem 12-jährigen Mädchen, das von zwei Gleichaltrigen erstochen wurde?
Was ist mit dem Familienvater, der von einem Raser tödlich verletzt wurde?
Was ist mit den vielen Unschuldigen, die durch Krieg oder Umweltkatastrophen getötet wurden?
Warum gibt es denn keinen, der all diesen Menschen sagt „Komm heraus“?

So berechtigt diese Fragen auch sind, sie werden dieser Geschichte um Lazarus und seine Schwestern nicht gerecht.

 

Es ist eines der längsten Sonntagsevangelien. Um die Auferweckung des Lazarus geht es eigentlich erst ganz am Ende, ziemlich kurz und unspektakulär:

Lazarus, komm heraus – Lazarus kommt heraus – Löst ihm die Binden und lasst ihn gehen

Worum es davor aber lang und breit geht, ist der Glaube. Der Glaube seiner Schwester Marta.

Jesus sagt ihr: Dein Bruder wird auferstehen.
Und Marta antwortet: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag.

Wer von uns würde das schon sagen: Ich weiß.

Nicht nur bei den Kondolenzgesprächen vor Beerdigungen spüre ich sehr deutlich: Immer weniger Menschen kommt ein „Ich glaube an die Auferstehung“ über die Lippen.
Vielleicht noch ein „Ich hoffe, dass da noch irgendwas kommt“.

„Ich weiß, dass mein Bruder auferstehen wird - bei der Auferstehung am Letzten Tag“, sagt Marta.
Aber selbst das ist Jesus nicht genug.

„Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.
Glaubst du das?“

Wenn dieses Evangelium bei Beerdigungen ausgesucht wird, habe ich immer große Lust, an dieser Stelle und mit dieser Frage aufzuhören.
Denn auf die Antwort von Marta kommt es eigentlich nicht an.
Die Frage ist, was wir antworten.

Auf einmal geht es in diesem Evangelium gar nicht mehr um Lazarus und Marta, sondern um uns.
Jesus ist die Auferstehung und das Leben – für uns.
Wer ihm vertraut, entdeckt eine Liebe, die es buchstäblich mit Tod und Teufel aufnimmt.

Darum geht es in diesem Evangelium: Es geht nicht um die Totenauferweckung eines einzelnen Menschen, die alte Lebensverhältnisse, alte Freundschaften zurückbringt.

Es geht um eine Lebensansage.
Für alle, für immer.

Das wird in dieser Geschichte von Lazarus erzählt.
Was nicht erzählt wird ist, dass Lazarus nicht wieder gestorben sei.
Er ist gestorben, die beiden Schwestern auch.

Aber was erzählt wird ist, dass im Glauben ein Leben sichtbar wird, das nicht von der Zeit, auch nicht von der Lebenszeit, beschnitten werden kann.
Ein Glaube, der Leben füllt.
Ein Glauben, der Leben schenkt.

Lazarus, komm heraus!

Dieser Ruf gilt mir.
Dieser Ruf gilt Ihnen.

Und es geht dabei nicht nur um eine ferne Zukunft, um die Auferstehung am Jüngsten Tag.

Jesus lenkt den Blick von Marta, lenkt unseren Blick auf die Gegenwart: Ich bin die Auferstehung und das Leben, nicht nur am Jüngsten Tag, sondern hier und heute.

Wer an Christus glaubt, kommt mit dem Leben selbst in Berührung, wird lebendig.

Die Auferweckung des Lazarus ist ein Zeichen.
Wer an Christus glaubt, ist eingetreten in den Raum des Lebens.
Das Licht ist stärker als die Dunkelheit.
Die Liebe reicht tiefer als das Grab.

Vordergründig ändern sich Schicksale dadurch nicht.
Das Leid bleibt bestehen.
Menschen sterben.

Aber es ändert sich der Blickwinkel.

In der Gebrochenheit und Vergänglichkeit der Dinge sehen wir das neue Leben, wie eine Spur, ein Lichtblick, die im Dunkel einen neuen Horizont öffnen.

 

Heute schon gelebt?
Ich denke an den Spruch vom Anfang.
Und ich spüre: Wo immer ich mein Leben als ein Leben in Schachteln empfinde, gilt mir der Ruf Jesu: Komm da raus!

Ich bin die Auferstehung und das Leben – nicht nur irgendwann, jetzt.

========================================================================

„Ich glaube zu wenig“, sagt der Mann.

„Wenn ich nur fest genug an Gott glauben würde,
dann hätte ich nicht solche Angst vor dem Sterben,
dann würde ich nicht so unendlich trauern.“

Schön wäre das.
Aber so einfach ist das nicht mit dem Leben.
Und so einfach ist es auch nicht mit dem Glauben.

Jesus weint bittere Tränen, als sein Freund Lazarus gestorben ist.
In der Nacht vor seinem Tod überfällt ihn Todesangst.
Und in seiner Sterbestunde glaubt er sich von Gott verlassen.

Die Geschichte Jesu zeigt mir:
Glaube und Angst, Glaube und Trauer schließen sich nicht aus.

Aber wenn ein Mensch an Gott glaubt, so wagt er zu hoffen.
Glauben heißt hoffen, dass am Ende des Dunkels wieder Licht kommt.
Hoffen, dass Gottes Liebe auch mir gilt.

Nicht nur dem Lazarus, auch mir ruft ER zu:
„Komm heraus, komm ins Leben“ – nicht erst am Ende der Tage, schon jetzt.

Auch mich fragt ER:
Hast du heute wirklich schon gelebt?

nach einem Text von
Martina Patenge
www.pfarrbriefservice.de

========================================================================

Einen lebensvollen und lebensfrohen Sonntag
wünscht Ihnen
Ihr
Ulrich Lühring