Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zum Sonntag - 03.09.2023

Ich zuerst ?

171516_ich_bin_auch_noch_da_II_by_peter_weidemann_pfarrbriefservice (c) Peter Weidemann (www.pfarrbriefservice.de)
171516_ich_bin_auch_noch_da_II_by_peter_weidemann_pfarrbriefservice
Datum:
Di. 29. Aug. 2023
Von:
Ulrich Lühring

Der Mensch, der mir am nächsten ist, bin ich.
Ich bin ein Egoist.

 Der österreichische Sänger Falco sang 1998 dieses Lied. Es scheint mir heute, 25 Jahre später, so aktuell wie nie.

Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Eigennutz, Ellenbogen.
Das sind Schlagworte, die die Gesellschaft in diesen Zeiten prägen.

Ich zuerst. Eine Gesellschaft auf dem Egotrip – so las ich auf einem aktuellen Buchtitel.Die Ichlinge kommen – schreibt die Autorin in diesem Buch.
Immer mehr Menschen denken nur noch an sich, an die Karriere und die eigenen Bedürfnisse. Solidarität und der Respekt vor anderen Menschen schwinden in unserer Gesellschaft immer mehr.

Wie kann es uns gelingen, diese Werte umzumünzen?
In Gemeinschaft, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft?
Wie gelingt es, einen Antitrend zu schaffen?
Sich anders zu verhalten?

 

Das Evangelium bildet ganz sicher einen Gegenpol, einen Kontrapunkt zur scheinbar gängigen Haltung in der Gesellschaft.

Wer mein Jünger sein will,
der verleugne sich selbst.
Er nehme sein Kreuz auf sich
und folge mir nach.

(Mt 16,24)

 

Ich gestehe: Bei diesem Text kommen mir zunächst recht unfromme Gedanken. Ich muss nämlich an die berühmte Szene aus dem Film „Das Leben des Brian“ denken:

Zur Kreuzigung? Bitte rechts anstellen.
Bitte jeder nur ein Kreuz.

Monthy Python, die Macher des Films, nehmen mit ihrem spitzen, britischen Humor eine Praxis aufs Korn, die es in Jerusalem ja tatsächlich gibt.
Am Anfang der „Via Dolorosa“, dem Kreuzweg Jesu, kann man tatsächlich Kreuze in verschiedener Größe und mit verschiedenem Gewicht mieten, um damit den Kreuzweg zu gehen.

Mir kommen Bilder aus Spanien oder Italien in den Sinn, wo Menschen schwere Kreuze durch die Altstadt tragen, manche durch Kapuzen verhüllt, damit man die darunter steckenden Menschen nicht erkennt.

Bei allem Respekt vor der dahinter steckenden, persönlichen Frömmigkeit, sind wir uns doch sicher schnell einig, dass solche Übungen kaum gemeint sind, wenn Jesus von Selbstverleugnung und Kreuztragen spricht.

Es gibt kein Leben ohne Kreuze, kleine und große, schwere und kaum tragbare.
Aber die muss ich nicht selbst aussuchen oder gar mieten, um sie mir auf die Schulter zu legen.
Kreuze kommen im Leben ganz von selbst auf mich zu – und dann kommt es darauf an, sie anzunehmen und sie auch zu tragen.

 

Kreuze annehmen und Kreuze tragen – das kommt im Leben, aber zumindest in meinem Leben eher nicht heute und hoffentlich nicht in der nächsten Woche.

Darum spricht mich eher dieser erste Teil des Satzes an:
Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst.

 

Da kommt einer und sagt: Verleugne dich selbst!
Das passt nicht in unsere Zeit – aber es sitzt.

Wer sein eigenes Leben retten will,
wer sein eigenes Ich in den Vordergrund stellt,
der wird es verlieren.

 In einer Zeit, in der sich Egoismus und Selbstbezogenheit immer mehr ausbreiten und die Mitmenschen immer unwichtiger werden, steckt dahinter nicht nur ein Gegenpol, sondern ein ganz anderes Bild vom Menschen, eine christliche Philosophie vom Menschsein.

Der Mensch wird erst am Du zum Ich.
in diesem Satz verdichtet sich die Philosophie Martin Bubers.

Es geht um die Frage, was den Menschen im tiefsten Wesen ausmacht und wie der Mensch zu Mitmensch und Mitwelt steht.

Der Mensch wird erst am Du zum Ich.

 Der Philosoph deutet in diesem Satz, was uns die Bibel im Buch Genesis in Form einer Geschichte erzählt (Gen 2,18-23 - Die Erschaffung der Eva).

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt – sagt Gott.

Der Mensch allein, als reines Ich, ist kein Mensch – so deutet es der Philosoph.
Erst wenn er ein Gegenüber hat aus seiner Seite, ihm gleichwertig, kann er wirklich als Mensch leben.
Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch - jubelt Adam angesichts seiner Eva.

Erst im Du wird der Mensch zum Menschen.
Erst im Du wird der Mensch zum Ich.

Welch großer Kontrast zu vielen heutigen Lebensentwürfen, die gespickt sind vom „Ich bin ich“, bei denen das Du so etwas ist wie eine Option, die man gelegentlich anklicken kann – nice to have.

Der Mensch wird nicht zum Menschen, indem er „Ich“ sagt, sondern indem er „Du“ sagt.
Es geht um ein komplett anders Bild vom Menschen, vom Sinn des Lebens.

Und dann kommen, wie von selbst, auch solche Begriffe wie Respekt, Rücksicht, Achtung, Verantwortung gegenüber Menschen.
Füreinander und Miteinander.
Liebe.

 

Der Mensch, der mir am nächsten ist, bin ich.
Ich bin ein Egoist.
so sang Falco.

Der Mensch, der mir am nächsten ist, bist Du.
Ich bin ein Christ.
so sagt es das Evangelium.

 

Denn: Es gibt kein Ich ohne Du!

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Du Geist Gottes

Ich brauche dich, du Geist Gottes,
damit du mich stärkst,
wenn meine Kraft nachlässt,

damit du mich ermutigst,
mich für dein Reich einzusetzen,

damit du mich aufrüttelst,
wenn ich in Gewohnheiten erstarre,

damit du mich zögern lässt,
wo ich allzu sicher die Wahrheit sehe,

damit du mich bremst,
wo ich egoistisch nur meinen Vorteil suche,

damit du mich zärtlich sein lässt,
wo ich meinen Wunden begegne und
den Verletzungen anderer Menschen.

Ich brauche dich, heiliger Geist,
damit ich so werde, wie du, o Gott,
uns Menschen erschaffen hast,
als dein Abbild.

Irmela Mies-Suermann
In: Pfarrbriefservice.de

Als Mensch, der erst im Du zum Ich wird.

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Einen gesegneten Sonntag!

Ihr
Ulrich Lühring

P.S.
Den nächsten "Geistlichen Impuls zum Sonntag" gibt es am 1. Oktober 2023.