© Bild: Peter Weidemann In: Pfarrbriefservice.de
„Mensch Jesus, was machst du denn?
Alle suchen dich!“
Wie kann dieser Jesus denn ausgerechnet jetzt alles stehen und liegen lassen:
Wo so viele ihn brauchen und auf seine Hilfe warten.
Wo er so viel Gutes tun könnte.
Wo er doch wirklich gebraucht wird.
Ich kann den Petrus im heutigen Evangelium (Mk 1,29-39) schon gut verstehen:
Wer würde da nicht verzweifeln, wenn einem förmlich die Türe eingerannt wird -
und derjenige, um den es schließlich geht, der ist einfach nicht da!
Wer setzt sich denn auch in aller Ruhe hin zum Beten, wenn sich die Arbeit auftürmt und einem schon über den Kopf wächst.
Zum Beten braucht man doch Zeit, da braucht man doch Ruhe.
Beten, das kann man doch nicht mitten im Trubel.
Ich denke an meine Besuche im Petersdom.
Sehr beeindruckend, aber beten kann ich in dem Gewusel nicht.
Höchstens in einer ruhigen Seitenkapelle.
Zum Beten braucht man Ruhe – und Zeit.
Nur: Wann hab ich denn die Zeit?
Wann habe ich denn Zeit – vor lauter Arbeit, vor lauter Aktivitäten.
Der Terminkalender ist randvoll – alles besetzt.
Für Besinnung, Ruhe, Gebet – heute keine Zeit!
Der Jesus im heutigen Evangelium erteilt uns eine wichtige Lektion:
Er hat Zeit – Zeit für Ruhe und Gebet.
Oder besser gesagt: Er nimmt sich die Zeit.
Dieser Jesus tut, was ich sicher nicht fertig brächte, wenn die Arbeit mir über den Kopf wächst.
Wenn so viele Dinge zu erledigen sind.
Jesus nimmt sich die Zeit.
Und nicht etwa, weil ihm nichts liegen würde an den Menschen, die da auf ihn warten.
Nicht, weil er sich vor der Arbeit drücken würde.
Jesus nimmt sich die Zeit für Ruhe und Gebet, weil er weiß: Nur so kann ich meine Arbeit wirklich machen.
Und dann kommt überhaupt erst der wirkliche Hammer in dieser Geschichte:
Als Petrus ihn endlich findet – und ihn ziemlich vorwurfsvoll erinnert an das, was jetzt doch so dringend zu tun ist,
da bekommt er von Jesus die Antwort:
Genau das tun wir nicht!
Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer – denn dazu bin ich eigentlich gekommen.
Nach dieser Zeit am Morgen, die Jesus sich genommen hat, da weiß er auf einmal, dass das, was erst so unheimlich wichtig schien, gar nicht das richtige ist.
„Nein“, sagt er. „Wirklich wichtig ist jetzt etwas ganz anderes. Ich darf mich nicht verzetteln.“
Im Hamsterrad der täglichen Aufgaben hätte er das nicht erkannt –
hätte er das eigentliche Ziel aus dem Blick verloren.
Eine bekannte Geschichte erzählt:
Ein Waldarbeiter zerkleinert mit einer Säge mühsam einen Riesenstapel Holz.
Er kommt extrem langsam vorwärts.
Ein Spaziergänger beobachtet ihn eine Weile und sagt: „Die Säge ist ja ganz stumpf. Du musst die Säge schärfen.“
Der Waldarbeiter schüttelt den Kopf und deutet auf den Riesenstapel Holz: „Dafür habe ich keine Zeit. Du siehst doch den Riesenstapel: Ich muss voran machen. Ich muss sägen.“
Das Rezept Jesu ist eigentlich ganz simpel:
Vergiss nicht, die Säge zu schärfen.
Man müsste nur die Zeit dafür haben...
Falsch!
Ich muss mir die Zeit dafür nehmen.
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"Zeit", so sagen wir oft, "müsste man haben."
Zeit für dieses. Und Zeit für jenes.
Zeit für sich.
Und füreinander.
Zeit.
Die Zeit hält alles in Bewegung.
Von Anfang an. Und immer wieder. Ist sie da.
Und kommt und geht. Verweilt und eilt.
Für alles gibt es eine Zeit.
Eine Zeit zum Pflanzen. Und eine Zeit zum Ernten.
Eine Zeit zum Leben. Und eine Zeit zum Sterben.
Geheimnis der rechten Zeit:
Nutze sie.
Dann nutzt sie dir.
Vieles kann die Zeit.
Können wir mit der Zeit alles?
Die Zeit bestimmt die Pflichten.
Arbeit. Leistung. Dienst und Lohn.
Geschäfte und Beschäftigung, Themen und Termine.
Werktag.
Wie gut, dass es den Sonntag,
die Freizeit, den Urlaub gibt.
Innehalten. Durchatmen. Zeit - los - werden.
Vom Muss zur Muße.
Die Muße aber lässt alles zu:
Sie öffnet Spielräume.
Für Stille. Freisein. Freude. Glück. Kontakte.
Für Neues und für anderes.
Muße ist: EINFACH DA SEIN.
Von Zeit zu Zeit.
Wie jetzt.
Wie an diesem Sonntag.
Klaus Jäkel
www.pfarrbriefservice.de
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Ich wünsche Ihnen einen Sonntag mit ganz viel Zeit.
Falsch: Einen Sonntag, an dem Sie sich einfach die Zeit nehmen...
Herzliche Grüße,
Ihr
Ulrich Lühring