Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zum Sonntag - 05.11.2023

Von Lasteseln und Tugendböcken

mountain-3185047_1920 (c) 8moments (www.pixabay.de)
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Datum:
Sa. 4. Nov. 2023
Von:
Ulrich Lühring

Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen -
sie machen uns sowieso alles nach.

Das Zitat stammt von Karl Valentin – und es steckt sicher viel Wahres darin.
Wer den Kindern Wasser als etwas Gesundes predigt und selbst literweise Cola trinkt, wird damit wohl wenig Erfolg haben.
Wer selbst ständig am Smartphone fummelt, wird wenig glaubhaft sein, wenn er den Kindern erklärt, zu viel Handy sei nicht gut.

Aber diese Diskrepanz zwischen Worten und Taten gibt es nicht nur bei Eltern und Kindern.
Im Evangelium dieses Sonntags macht Jesus ähnliche Beobachtungen:
Die Schriftgelehrten gefallen sich in der Rolle der Lehrer und Moralapostel, aber die Vorschriften gelten primär für die Anderen, sie selbst halten sich nicht wirklich daran.

Das kritisiert Jesus.
Und wir geben ihm darin gerne Recht.
Das erleben wir ja immer wieder bei „denen da oben“, das nicht nur bei Wahlen viel versprochen und wenig gehalten wird.

Die Politiker mahnen zum Klimaschutz und wollen uns den Flug in den Urlaub vermiesen. Und selbst fliegen sie im Riesenairbus mit großem Tross von einer Konferenz zur nächsten.
Hauptsache Gruppenfoto vor schöner Kulisse.
Ergebnisse: Fehlanzeige.

Wenn man gegen „die da Oben“ schimpft, wird man viel Beifall ernten.

Egal, ob es in der Kneipe gegen die Politiker geht –
oder bei einem Priestertreffen gegen das Generalvikariat und „die in Rom“ –
oder im Amateurfussballverein gegen die Bonzen im DFB.

Wenn es gegen „die da oben“ geht, sind sich „die Kleinen“ schnell einig.
Aber Vorsicht!
Denn sehr schnell stecken wir in der gleichen Doppelmoralfalle wie die Schriftgelehrten im Evangelium.

 

Ich war im Studium kein wirklicher Fan von Eugen Drewermann, aber manchmal sind seine schrägen, provozierenden Thesen zumindest wert, darüber nachzudenken.
In seinem Buch über die Kleriker stellt Drewermann so eine schräge, aber interessante These auf: Er sagt, die Priester werden heute zu „Tugendböcken“ gemacht.

So wie man im Alten Testament auf den Sündenbock die ganze Schuld auflud und ihn damit in die Wüste schickte, so lastet man heute die Tugenden, die man selbst nicht leben will oder kann, den Priestern auf.

Von den Priestern (und erst Recht von den Bischöfen) erwartet man, dass sie die kirchliche Lehre und vor allem die Moral unverfälscht und 120 %-ig leben – und für sich selbst beansprucht man „auch mal Fünfe gerade sein zu lassen“.

Als junger Kaplan, als es noch ein Thema war, freitags kein Fleisch zu essen, habe ich das immer wieder live erlebt.
Wenn beim Beerdigungskaffee freitags die Brötchenplatten herumgereicht wurden, griffen alle munter zu: bei Käse und bei Wurst.
Wenn ich mir aber dann ein Wurstbrötchen nahm, kam mit absoluter Sicherheit die Frage: „Wie Herr Kaplan, Sie essen Fleisch?“

 

Eugen Drewermann hat durchaus Recht.
Da wird einfach mit zweierlei Maß gemessen.
Aber nicht nur die Priester und Bischöfe werden zu Tugendböcken gemacht, auch die Politiker.

Ein Minister, der die Flugbereitschaft für private Zwecke nutzt, der muss selbstverständlich gehen – aber wenn ich die eigene Steuererklärung mache, bin ich sehr erfinderisch.

Wenn wir über „die da oben“ lauthals schimpfen, müssen wir uns von Jesus fragen lassen, ob wir es nicht genauso machen wie die Schriftgelehrten – nur andersrum.
Wir legen anderen schwere Lasten auf und rühren selbst keinen Finger.

 

Mutter Theresa wurde einmal gefragt, was sich ihrer Meinung nach als Allererstes in der Kirche ändern müsse.
Ihre Antwort war: Sie und Ich.

 

Wenn wir also wieder einmal schimpfen über „die da oben“, erinnern wir uns vielleicht an das bekannte Gebet:

Herr, erwecke deine Kirche
und fange bei mir an.

Herr, lass Frieden überall auf der Erde kommen –
und fange bei mir an.

Herr, bringe Liebe und Wahrheit zu allen Menschen –
und fange bei mir an.

 

Der einzige Mensch, den ich ändern kann,
das bin ich selbst.

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Von hohem Wert ist es,
sich selbst zu kennen und um seine Grenzen zu wissen.

Ein weiser Rat besteht darin:
Gutes von anderen zu denken
und sie wertzuschätzen
und sich selbst nicht in den Mittelpunkt zu stellen.

Wenn ein anderer Mensch
offenkundig Unrecht getan hat,
so halte dich nicht für besser als ihn.
Du weißt nicht, ob du nicht auch in eine ähnliche Situation kommst
und wie du dann reagieren wirst.

Sprich nichts Schlechtes über andere
und richte nicht.
Wir alle haben und machen Fehler.

nach Thomas von Kempen

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Einen schönen Sonntag - und frohe Grüße

Ihr
Ulrich Lühring