Willkommen in der Pfarrei St. Barbara Breinig
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Geistlicher Impuls zum Sonntag - 20.08.2023

Prinzipientreue ist keine christliche Tugend

0699_aendern_leben_by_peter_weidemann_pfarrbriefservice (c) Peter Weidemann
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Datum:
Sa. 19. Aug. 2023
Von:
Ulrich Lühring

Ich frage mich wirklich: „Warum zum Kuckuck hat der Evangelist Matthäus ausgerechnet diese Geschichte aufgeschrieben?“
Ich kenne wirklich keine andere Erzählung der Bibel, in der Jesus so unsympathisch, so hart und lieblos rüberkommt, wie im heutigen Evangelium.

Da kommt eine Frau in ihrer Not zu Jesus und bittet ihn um Hilfe. Und was antwortet Jesus?

Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen
(Mt 15,26)

 Sorry, aber das könnte meiner Meinung nach so auch im Parteiprogramm der AfD stehen

Warum also hat Matthäus diese wenig schmeichelhafte Geschichte nicht „unter den Teppich gekehrt“?

 

Okay, heutzutage, im Zeitalter von Whistleblowern, von sozialen Medien, die alles und jedes in Windeseile um die ganze Welt tragen, von Investigativ-Journalisten, die früher oder später alles herausbekommen -
da kann man nichts wirklich geheim halten, da kommt alles irgendwann und irgendwie ans Licht.

Aber damals?
Wir hätten von dieser Geschichte ganz sicher keine Ahnung, wenn Matthäus sie nicht aufgeschrieben hätte.

Also: warum hat Matthäus ausgerechnet diese Erzählung der Nachwelt überliefert?
Und warum hat er die Szene nicht wenigstens etwa „geschönt“?

 

Zumal Matthäus ja kein Jesus-Biograph ist, der das ganze Leben in allen Einzelheiten und komplett erzählt. Matthäus ist Missionar, Prediger. Es geht ihm um eine Botschaft, die er rüberbringen will.
Aber was sollte denn diese Botschaft sein - gerade in dieser Geschichte?

 

Da muss man sicher zunächst einmal sagen: Die Geschichte geht ja gut aus.
Aber das kann nicht der eigentliche Kern sein.

Ich finde: Der eigentliche Kern ist, dass Jesus offensichtlich seine Meinung geändert hat. Man könnte auch sagen: Jesus war lernfähig.

 

Jetzt könnten Sie mir antworten: Moment mal. Jesus ist doch Gottes Sohn. Jesus ist doch Teil der göttlichen Dreifaltigkeit. Gott ist allwissend. Wie kann dann Jesus lernen, seine Meinung ändern?
Das wäre in der Tat eine spannende Frage, ob Gott seine Meinung ändern kann. Aber das wäre dann eine andere Predigt…

Hier aber geht es um Jesus. In Jesus ist Gott Mensch geworden, ein richtiger Mensch.
Und zum Menschsein gehört nicht nur (wie wir letzte Woche gesehen haben), dass ein Mensch nicht perfekt ist und nicht perfekt sein kann.
Zum Menschsein gehört auch, dass ein Mensch seine Meinung ändern kann und manchmal ändern muss.
Dass ein Mensch lernen kann und lernfähig bleiben muss ein Leben lang.

 

Wir loben Menschen, die feste Prinzipien haben und konsequent ihren Weg gehen.
Gewiss, unser Leben braucht feste Standpunkte, eine klare Richtung.

Aber diese konkrete Geschichte um Jesus und die kanaanäische Frau warnt uns vor falscher Prinzipientreue.

Am Anfang geht es Jesus um ein ganz entscheidendes Prinzip des jüdischen Glaubens:
Wir, die Juden, sind das von Gott auserwählte Volk.
Das heißt aber im Umkehrschluss auch. Wir ja, die andern nicht.
Es gibt klare Grenzen.

Das heutige Sonntagsevangelium zeigt: Jesus lernt, dass Gott sich nicht an diese Grenze hält.
Jesus war lernfähig.
Jesus war bereit, Standpunkte zu überdenken und zu verändern.

Wenn ich das auf die Spitze treibe, könnte ich auch sagen: Prinzipientreue ist keine christliche Tugend.

Das heißt nicht, dass ich Prinzipien haben darf, vielleicht auch haben muss.
Aber wenn ich mich Christ nenne und auf diesen Christus berufe, muss ich immer auch bereit sein, nicht nur meine eigenen Vorurteile, sondern auch Prinzipien, die ich für heilig und unumstößlich halte, zu überdenken, zu überprüfen und vielleicht auch zu revidieren.

Das gilt für die Kirche, die sich christlich nennt.
Das gilt für unsere Gemeinde.
Das gilt für unsere Vereine und Gruppen.
Und es gilt vor allem für uns selbst.

 

Der Weg Jesu ging von der Enge zur Weite,
von unumstößlichen Prinzipien zum konkreten Menschen,
von festen Gesetzen zum Grundgesetz der Liebe.

Die Kirche muss sich immer wieder fragen, ob das auch ihr Weg ist.

Und wir selbst müssen uns immer wieder vergewissern, dass wir selbst auf diesem Weg sind, dem Weg Jesu, dem christlichen Weg.

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Revolutionäre Gedanken
angesichts von steigenden Kirchenaustrittszahlen

Die Kirche hat sie
nicht mehr alle im Blick

Die Kircher hat sie
nicht mehr alle im Ohr

Die Kirche hat sie
nicht mehr alle im Sinn,
auch nicht mehr im Herzen.

 

Auf den anderen hören,
auch wenn wir selbst
ganz anderer Meinung sind:
Das wäre schon mal ein erster Schritt.

Lasst uns ausziehen aus unseren alten Gewohnheiten.
Lasst uns ausziehen und über Grenzen gehen.
Lasst uns keine Grenze mehr achten,
sondern nur noch den, der die Grenzen überwindet.

 

nach Texten von:
Peter Schott; Theresia Bongarth
www.pfarrbriefservice.de

 

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Schönen Sonntag noch,

Ihr
Ulrich Lühring